Wolfgang
Clement sorgt dafür, daß die Grünen der SPD in NRW
nicht ins Handwerk pfuschen.
"Der Tagebau
Garzweiler II kommt." Wolfgang Clement zieht Linie:
"Ihr könnt euch darauf verlassen: Kein Bagger wird
stehenbleiben!" Dafür stehe er gerade. Die 5 000
Bergleute, die zum 14. ordentlichen Parteitag der
nordrhein-westfälischen SPD am vergangenen Samstag nach
Dortmund gereist sind, um für das geplante Megaloch am
Niederrhein zu demonstrieren, jubeln. Wer geglaubt hat,
nach dem gerade knapp abgewendeten Bruch der rot-grünen
NRW-Landesregierung würde Wirtschaftsminister Clement
nun behutsamer mit dem kleinen Koalitionspartner umgehen,
hat sich gründlich geirrt. Bereits in der von der CDU
beantragten Sondersitzung des Landtages vor zwei Wochen
zum umstrittenen Braunkohleprojekt ließ er keinen Platz
für grüne Hoffnungen: "Damit wir uns klar
verstehen."
Auch das
Ergebnis Clements bei seiner Wiederwahl zum
stellvertretenden SPD-Landesvorsitzenden ist nicht
mißzuverstehen: Von 310 Stimmen erhielt er 257 und
bleibt mit dieser 83,7-prozentigen Zustimmung nur knapp
unter seinem Resultat von vor zwei Jahren. Seine
Mitstellvertreterin Gabriele Behler, als Parteilinke und
explizite Rot-Grün-Befürworterin Clements
Gegenspielerin, wurde hingegen abgestraft. Sie erhielt
nur 179 Stimmen und schafft mit 58,7 Prozent nur knapp
das Klassenziel. Die SPD steht hinter dem designierten
Nachfolger von Ministerpräsident Johannes Rau. "Wo
wären wir denn, wenn nicht Wolfgang Clement immer wieder
mit klarer, deutlicher Handschrift geschrieben
hätte?" bringt Klaus Matthiesen, der
SPD-Fraktionsvorsitzende im NRW-Landtag, die Stimmung des
Parteitages auf den Punkt. Denn in allen wichtigen
Punkten habe sich die SPD gegenüber den Grünen in der
Landespolitik durchgesetzt: "Flughafenausbau und
Straßenbau, Förderung von Bio- und Gentechnik, Ja zur
PVC-Herstellung" - nicht unmaßgeblich ein Verdienst
Clements.
Der
"Machertyp" Clement, der neben dem
niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder
als Wortführer der "Modernisierer" in der SPD
gilt, vertritt einen harten, auf Standortwettbewerb
fixierten Kurs. Ökologische oder soziale Aspekte spielen
in seinen Überlegungen keine Rolle. Wenn es um die
Durchsetzung fragwürdiger wirtschafts- und
verkehrspolitischer Projekte geht, kennt er keine
Kompromisse. Das Problem der Grünen: Sie kommen an ihm
nicht vorbei - schließlich steht er an der Spitze eines
"Superministeriums", in dessen Zuständigkeit
alle Sprengsätze des rot-grünen Bündnisses fallen: die
gesamte Energiepolitik, Garzweiler II, der Flughafen- und
Straßenbau. Er weiß seine Kompetenzen zu nutzen: Keiner
versteht es so gut wie der 57-jährige, die Grünen am
Nasenring durch die Regierungsmanege zu führen. Und
entsprechend hassen und fürchten die NRW-Grünen keinen
SPD-Politiker so sehr wie Clement.
Das war
nicht immer so. Denn ausgerechnet Wolfgang Clement gilt
als der "Architekt" von Rot-Grün in NRW. Er
überwand im Frühjahr 1995 mit seinem
Verhandlungsgeschick alle Koalitionsklippen. Als
"ehrlichen Makler" lobte ihn damals der grüne
Parteisprecher Rainer Priggen, und nicht wenige Grüne
wünschten sich den damaligen Chef der Düsseldorfer
Staatskanzlei eher heute als morgen zum Nachfolger von
Rau. Sie verwechselten den ausgeprägten Machtinstinkt
des kettenrauchenden Langstreckenläufers mit politischer
Sympathie für das rot-grüne Projekt.
Clements
Karriere begann zu legendärer Zeit. Nach dem ersten
juristischen Staatsexamen geht er 1968 als politischer
Redakteur zur Westfälischen Rundschau und avanciert zum
stellvertretenden Chefredakteur. Schon während seines
Jura-Studiums hatte er als Volontär für die Dortmunder
Tageszeitung gearbeitet. 1981 macht Willy Brandt den
ehrgeizigen und arbeitswütigen Journalisten, der 1970 in
die SPD eingetreten war, zum ersten Pressesprecher. Im
Juni 1985 wird er zum Stellvertreter von
Bundesgeschäftsführer Peter Glotz befördert. Für den
Kanzlerkandidaten Rau organisiert er den
Bundestagswahlkampf. Als dessen Niederlage absehbar ist
und es über die absurde Wahlkampfstrategie einer
"eigenen Mehrheit" für die SPD zum Streit im
SPD-Präsidium und vor allem mit Willy Brandt kommt,
wirft Clement 1986 die Brocken hin. Er geht als
Chefredakteur zum ehemals sozialdemokratischen
Boulevardblatt Hamburger Morgenpost. Im Januar 1989 holt
ihn sein Freund Johannes Rau zurück in die Politik und
überträgt ihm die Leitung der Düsseldorfer
Staatskanzlei. Bereits ein Jahr später gilt er als
aussichtsreichster Kandidat für die Rau-Nachfolge.
Das ist
Clement bis heute geblieben. Denn alle Spekulationen der
letzten Jahre über einen vorzeitigen Rücktritt Raus
haben sich als verfrüht erwiesen. Auch alle zunehmend
ungeduldiger erscheinenden Hinweise des Mitte 1993 in den
Landtag nachgerückten Prinz Charles aus Bochum, Rau
solle den richtigen Zeitpunkt für seinen Abtritt nicht
verpassen, halfen nicht. "Man soll mir nicht
diktieren, wie lange ich im Amt bleibe, sondern es mir
überlassen", so Rau. Vor Ende 1998 wird er wohl
nicht abtreten, spekulieren inzwischen die Genossen in
Bonn und Düsseldorf. Am 20. September könnte Rau sein
20jähriges Amtsjubiläum feiern. Es spricht zur Zeit
nichts dafür, daß sich der dienstälteste
Ministerpräsident der Republik dieses Datum entgehen
läßt - da kann Clement drängeln wie er will. So wird
er erstmal weiter sein Mütchen an den hilflosen Grünen
kühlen müssen.
Die
Popularität des heiligen Johannes wird sein Kronprinz
ohnehin nicht so schnell erreichen können. Bei
Landtagswahlen wird der Rau-Bonus für die SPD nach
Umfragen in der Bevölkerung auf rund zehn Prozent
geschätzt. Auf dem Landesparteitag am Wochenende erhielt
Rau bei seiner Wiederwahl zum SPD-Landesvorsitzenden 286
von 309 Stimmen - himmlische 92,6 Prozent. Davon kann der
kühle Politikmanager Clement vorerst nur träumen.
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