07.10.1998



Hasch' amal an Tausi für die Uni?

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*   Hasch' amal an Tausi für die Uni?
Von Pascal Beucker

In Baden-Württemberg werden Studenten nun doch zur Kasse gebeten. Ob die Studiengebühr Bestand haben wird, hängt auch von den Koalitionsverhandlungen in Bonn ab.

Für Langzeitstudenten wird es im Ländle künftig teuer. Zwei an den Fachhochschulen in Pforzheim und Karlsruhe eingeschriebene Studenten hatten per Eilantrag gegen die im Mai 1997 eingeführte Studiengebühr geklagt. Das Verwaltungsgericht in Karlsruhe wies ihre Klage nun zurück: Die von den beiden Studenten geforderte Aussetzung der vom baden-württembergischen Landtag beschlossenen 1 000 Mark Semestergebühren wurde damit abgeschmettert. Die Erhebung, so das Gericht, sei rechtens. Auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren müsse die Landesregierung nicht warten.

An den Verwaltungsgerichten in Baden-Württemberg sind gleich mehrere Klagen hierzu anhängig. Spätestens bis zum Frühjahr nächsten Jahres werden auch die anderen entschieden sein.Das Karlsruher Gericht schätzt die Chancen der Studierenden, die Zwangsgebühr noch einmal rückgängig zu machen, jedoch als gering ein. Nach Ansicht der Richter bestehen "keine ernstlichen Zweifel" an der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Gebühren für Studierende, die die Regelstudienzeit um vier Semester überschritten haben. Ein Verfassungsverstoß sei "nicht offensichtlich".

Es sei zulässig, so das Gericht in seinem Urteil, daß die CDU/FDP-Landesregierung in Baden-Württemberg eine Studiengebühr als "Steuerungsintrument für ein zielgerichtetes Studium" eingeführt habe. Die vom Gesetzgeber behauptete vorrangige Zielsetzung einer Verkürzung der Studienzeiten liege "durchaus auch im öffentlichen und nicht nur im privaten Interesse der jeweiligen Studienbewerber".

Das von den klagenden Studenten vorgebrachte Argument, die Gebühr habe eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung, da die Regelung erst nach ihrem Studienbeginn eingeführt worden sei, ließ die Kammer nicht gelten. Ebensowenig wollte sie einen Verstoß gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit erkennen.

Der Einzug der Gebühren hätte zudem "keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge", urteilte das Gericht. Eine "unbillige Härte" liege nur dann vor, wenn etwa "die Zahlung den Konkurs herbeiführt oder sonst zur Existenzvernichtung führen kann". Die Antragsteller hätten demgegenüber nur angegeben, "zur Bezahlung der Gebühr zur Aufnahme eines Kredits gezwungen zu sein" und dadurch eine Unzumutbarkeit der Gebührenzahlung "nicht glaubhaft gemacht".

Immerhin stellten die Richter fest, daß nicht alle strittigen Fragen in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren abschließend beurteilt werden könnten: "Insoweit sind die Erfolgsaussichten im noch durchzuführenden Hauptsacheverfahren jedoch allenfalls offen."

Wissenschaftsminister Klaus von Trotha (CDU) dürfte nach dieser Entscheidung ein Stein vom Herzen gefallen sein. Erst im Sommer war ein anderer zentraler Bestandteil des Landeshochschulgebührengesetzes (LHGebG) vom baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gekippt worden. Es erklärte die Einschreibe- und Rückmeldegebühren in Höhe von 1 000 Mark pro Semester und Student für verfassungswidrig. Eine solche Ohrfeige mußte sich von Trotha nicht ein zweites Mal einfangen. Auch wenn noch nicht endgültig entschieden ist, so stehen für ihn die Zeichen diesmal eindeutig auf Sieg.

Doch ob sich von Trotha noch lange über diesen Erfolg wird freuen können, hängt nicht unmaßgeblich von den rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Bonn ab. Im Wahlkampf hatte sowohl die SPD als auch Bündnis 90/Die Grünen immer wieder betont, im Falle eines Wahlsieges ein zumindest zeitlich befristetes gesetzliches Verbot von Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz verankern zu wollen. Ein solches Moratorium würde bedeuten, daß Baden-Württemberg seine 1 000-Mark-Gebühr für "Langzeitstudierende" wieder zurücknehmen müßte. Dann würden von Trotha auch die schönsten Gerichtsurteile nichts nützen. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob Rot-Grün Wort hält.


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