16.12.1999
  Düsseldorfer Flug-Affäre:
NRW-SPD vor Bauchlandung
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*  Düsseldorfer Flug-Affäre: NRW-SPD vor Bauchlandung?
Von Pascal Beucker

Charterflüge mit Jets der WestLB durchaus üblich / Dienstreise für 38.872,30 DM kein Problem

Der SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Manfred Dammeyer ist empört: "Jetzt soll ein Bundespräsident befragt werden, ob es wahr ist, was ein Knacki aus Geldern erzählt." Es sei "schäbig, wie Finanzminister, Ministerpräsident und Bundespräsident in Geschichten hineingezogen werden." Hineingezogen? Hätte die Landesregierung früher mit offenen Karten gespielt, wäre ihr das möglicherweise erspart geblieben. Nun wird der Landtag am Freitag über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der "Düsseldorfer Flug-Affäre" beschließen. Und am 22. Dezember verhandelt die Pressekammer des Kölner Landgerichts über die Unterlassungsklage Heinz Schleußers gegen "Focus". Dem Magazin soll untersagt werden, weiterhin zu behaupten, der NRW-Finanzminister sei teilweise auf Kosten der öffentlich-rechtlichen Westdeutschen Landesbank (WestLB) zum Urlaub in die kroatische Adria geflogen.

Für die SPD und die Landesregierung ist die vermeintliche "Flug-Affäre" nichts weiter als eine böswillige Kampagne. Er sei "empört und entsetzt" über eine Berichterstattung, so Ministerpräsident Wolfgang Clement, die auf den Machenschaften "von einem Piloten, der die WestLB betrogen hat, von einem Co-Piloten, der illegal Drogenhandel betrieben hat und deswegen dreizehn Jahre in Haft sitzt, und einer Frau, die das offensichtlich auszuschlachten versucht", basiere.

Tatsächlich beruft sich der "Spiegel" auf die Angaben der Witwe des 1997 verstorbenen Flugkapitäns Peter Wichmann, mit dessen Düsseldorfer Flugfirma "Privat-Jet-Charter" (PJC) die WestLB einen Flugbereitschaftsvertrag hatte. Die Informationen des "Focus" stammen vorrangig von Wichmanns Co-Piloten Ralph Ermisch, der zur Zeit in der JVA Geldern einsitzt. Die beiden Magazine, so verbreiten SPD-Kreise, hätten ihren zweifelhaften Quellen mehrere hunderttausend Mark hingeblättert, ohne jedoch das gekaufte Material auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Alles nur eine Räuberpistole?

Erstmals beschäftigte sich der NRW-Landtag 1998 mit den umstrittenen Charterflügen. Auslöser waren zwei Zeitungsberichte im Februar 1998 im "Handelsblatt" und in der "taz" über staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen die WestLB. "Und wenn Clement es eilig hat, vom Morgentermin beim Daimler-Vorstand in Stuttgart zur Kabinettssitzung nach Düsseldorf zu kommen, macht die WestLB schon mal einen ihrer Firmenjets startklar", schrieb damals der KÖLNER WOCHE-Autor Werner Rügemer in der "taz".

Die CDU horchte auf. In einer kleinen Anfrage wollte sie von der Landesregierung genaueres wissen: "Wann, wohin und zu welchem Zweck sind Mitglieder der Landesregierung in den letzten drei Jahren mit Firmenjets der WestLB geflogen?" Schleußer antwortete für die Landesregierung im April 1998 - unvollständig. Er führte nur Flüge auf, die er und der damalige Wirtschaftsminister Clement als "Mitglieder des Verwaltungsrats" der WestLB getätigt hatten, 28 an Zahl. Dass auch Ministerpräsident Johannes Rau, der kein Mitglied des Kontrollgremiums war, immer wieder und gerne auf den Jet-Service der WestLB zurückgegriffen hatte, erwähnte er ebenso wenig wie zwei Privatausflüge. Die CDU wiederholte ihre Frage in einem Brief an Rau. Erneut fehlten die Flüge des heutigen Bundespräsidenten in der Antwort der Staatskanzlei.

Warum sie fehlten, konnte Clement auch in der Fragestunde am Freitag trotz Nachfragen nicht beantworten. Warum nicht? Ein führendes Mitglied der SPD-Landtagsfraktion hat gegenüber der KÖLNER WOCHE eine einfache Erklärung dafür: Die Landesregierung habe der CDU 1998 nur soviel antworten wollen, wie unbedingt nötig. "Gerade weil es ja auch um die WestLB ging." So seien die Fragen eigenwillig interpretiert worden. Clements Haltung sei nun: "Wenn eine Regierung erst mal eine Antwort gegeben hat, dann ist die korrekt - und bleibt es." Auch wenn es vielleicht klüger wäre, Fehler einzugestehen. "Wir wollen endlich von Ihnen die Wahrheit hören", forderte erregt der CDU-Fraktionsvorsitzende Laurenz Meyer vergangenen Freitag. Clements Auslassungen seien "unglaublich". Der stellvertretende SPD-Vorsitzende konterte kühl: "Das Unglaubliche, ist ihr Benehmen."

Doch so einfach wird Clement die Fragen der Opposition nicht los werden. Warum können oder wollen Clement und Rau bis heute keine Auskunft über die Anzahl der Rau-Flüge geben? Und wenn sie denn tatsächlich alle dienstlich waren und ordentlich verrechnet worden sind, so dürfte dies doch belegbar sein. So hätte die WestLB einfach alle Unterlagen über Politiker-Flüge rauszurücken brauchen, um Klarheit zu schaffen. Doch die Landesbank und ihr sozialdemokratischer Vorstandschef Friedel Neuber halten sich bisher vornehm zurück.

Auch wenn die "Flug-Affäre" gar keine wäre: Die Selbstverständlichkeit, mit der Mitglieder der Landesregierung den WestLB-Learjet-Service in Anspruch genommen haben, ist auf jeden Fall beeindruckend. Eine "Dienst-reise" für 38.872,30 Mark nach Berlin, nur um seinem Amtskollegen Manfred Stolpe zum Geburtstag zu gratulieren - das soll für Johannes Rau kein Problem gewesen sein. "Offensichtlich haben die Beteiligten kein Verhältnis zum Geld des Steuerzahlers", konstatiert CDU-Fraktionschef Meyer.


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