18.11.1999
  Personalfrage geklärt
Landesparteitag der NRW-Grünen
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*  Personalfrage geklärt
Von Pascal Beucker

Beinahe fluchtartig verließ Christiane Bainski mit Tränen in den Augen am Samstagmittag die Düsseldorfer Rheinterrasse. Roland Appel blieb bis zum bitteren Ende am Sonntag. Für die beiden Sprecher der grünen Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen war das vergangene ein schwarzes Wochenende. Denn sechs Monate vor der Landtagswahl im Mai nächsten Jahres haben die NRW-Grünen auf ihrem Landesparteitag ihre Fraktionsspitze demontiert. Die beiden "Regierungslinken" scheiterten mit weniger als 40 von über 260 Stimmen deutlich bei ihren Versuchen, erneut auf einen aussichtsreichen Listenplatz für den Wiedereinzug in den Landtag zu gelangen.

Appel und Bainski sind die prominentesten Opfer der Spaltung des linken Flügels in der innerparteilichen Auseinandersetzung um die rot-grüne Koalition in NRW in "Regierungslinke" und "kritische Linke". Profitiert von dieser Spaltung haben die Realpolitiker: Von den ersten vier Listenplätzen gingen gleich drei an Realos. Bei der Listenausstellung vor fünf Jahren waren noch zweidrittel der Plätze an Linke vergeben worden.

Wie schon 1990 und 1995 werden die nordrhein-westfälischen Grünen auch diesmal wieder mit Bärbel Höhn als Spitzenkandidatin in den Wahlkampf ziehen. Umweltministerin Höhn ist und bleibt der Star der Partei. Obwohl "Regierungslinke", ist sie strömungsübergreifend unumstritten. Als einzige mußte sie sich keiner Gegenkandidatur erwehren. Sie erhielt 245 von 261 abgegebenen Stimmen. Auf Platz 2 folgt der stellvertretende Ministerpräsident Michael Vesper. Die Kölnerin Edith Müller landete auf dem dritten Platz.

Zersplittert in drei Strömungen und vier Regionen, bewegte sich der Landesparteitag teilweise am Rande der Handlungsunfähigkeit. Verbissen wurde um die 12 bis 16 als aussichtsreich eingeschätzten Listenplätze gekämpft. So benötigten die Delegierten alleine für die Besetzung der Listenplätze 10 und 12 jeweils mehrere Stunden und acht Wahlgänge, bis sich doch noch ein Kandidat durchsetzen konnte. Einer der Verlierer: Jörg Frank, der Kandidat der Kölner Grünen und Ratsherr.

Fachpolitiker der bisherigen Landtagsfraktion hatten es dabei schwer. So blieben die beiden exponierten Bildungspolitikerinnen Ingrid Fitzek und Brigitte Schumann ebenso auf der Strecke wie der Sozialpolitiker Jens Petring. Die Kölnerin Alexandra Landsberg, wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion, war erst gar nicht mehr angetreten. Der flüchtlingspolitische Sprecher, Jamal Karsli, schaffte noch gerade den Sprung auf den unsicheren Platz 18. Dass trotz mehrerer Kandidaten kein Migrant einen aussichtsreicheren Listenplatz erringen konnte, wertete Karsli als "Armutszeugnis". "Offensichtlich ist Migrationspolitik für die Grünen nicht mehr so relevant", konstatierte der Deutsche syrischer Herkunft sichtlich frustriert.

Auch der Wortführer der "kritischen Linken", Daniel Kreutz, wird nicht mehr dem kommenden Landtag angehören. Doch im Gegensatz zu den "Regierungslinken" Appel und Bainski konnte der Kölner bei seinen Gegenkandidaturen auf den Plätzen zwei und vier gegen die Realos Vesper und Parteisprecher Reiner Priggen zumindest Achtungserfolge verbuchen: Mehr als ein Drittel der Delegierten entschieden sich für den grünen Linksaußen. Kreutz hatte in seiner Bewerbungsrede die Politik der Parteimehrheit scharf attackiert. Bei den Grünen habe "die Inszenierung der grünlackierten FDP längst begonnen", sagte Kreutz. In der neuen Fraktion wird sein Flügel nur noch mit zwei - gemäßigten - Vertreterinnen, der Kölner Frauenpolitikerin Marianne Hürten und der Landessprecherin Barbara Steffens, vertreten sein. Bisher verfügte die "regierungskritische Linke" über sieben Abgeordnete.

In Gastreden riefen die grünen Bundesminister Jürgen Trittin und Joschka Fischer eindringlich zu innerparteilicher Geschlossenheit auf. Dem mitgliederstärksten grünen Landesverband stehe ein "beinharter Wahlkampf" bevor, warnte Fischer. Bei der Wahl 1995 hatten die NRW-Grünen mit zehn Prozent der Stimmen 24 Mandate erobert. Aktuelle Umfragen sagen ihnen ein weitaus schlechteres Abschneiden voraus.


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