Ihr großes historisches
Vorbild hatte gut ein Jahr durchgehalten. Die neueste
Neue Rheinische Zeitung schaffte gerade mal ein halbes
Jahr. Am Samstag erschien die letzte Ausgabe der Kölner
Woche - nicht gemeuchelt allerdings von König und
Fürsten wie einst das Marxsche Revolutionsblatt, dessen
Namen sie im Untertitel führte. Der Kölner Ableger der
Berliner jungen Welt scheiterte nach 25 Ausgaben, weil
niemand ihn lesen mochte.
Wie schafft man es, ein im Westen
unverkäufliches Produkt verkäuflich zu machen?, hatte
sich Dietmar Koschmieder, der Geschäftsführer des
Verlags 8. Mai, in dem die junge Welt erscheint, gefragt
und ein "neues Medienprinzip" erfunden, indem
er seine Ost-Zeitung in einen neuen West-Mantel steckte.
Er ließ sich einen achtseitigen Kölner Lokalteil
basteln, nannte ihn Kölner Woche, wickelte die 32seitige
Wochenend-Ausgabe der jungen Welt darin ein und
behauptete, nun gebe es in Köln eine neue Zeitung.
Ihr unternehmerisches
Risiko hielt die junge Welt dabei in Grenzen. Für eine
Mark hatte sie die Abo-Kartei der maroden
Initiativen-Zeitung Kölner Volksblatt gekauft, um so mit
einem Grundstock von 1 200 Abonnenten starten zu können.
Als Anschubfinanzierung investierte die Linke Presse- und
Verlagsbeteiligungsgenossenschaft LPG junge Welt e. G.,
so Koschmieder bei der Blattpräsentation im Frühjahr,
130 000 Mark. Doch mindestens 90 000 Mark sollten die
Kölner selber aufbringen - durch den Kauf von 90
Genossenschaftsanteilen zu je 1 000 Mark. Akquiriert
wurden dann aber lediglich 60 Anteile, ohne dass die
junge Welt für einen Ausgleich sorgen konnte.
Nun ist die Kölner Woche
zu Ende. "Der von der Genossenschaft dem Verlag zur
Verfügung gestellte Kreditrahmen ist
ausgeschöpft", teilte ein wortkarger Koschmieder am
vergangenen Samstag in der jungen Welt mit. Da das
Projekt nicht kostendeckend arbeite, Verlag und
Genossenschaft jedoch keine weiteren Finanzmittel zur
Verfügung stellen könnten, "muß sich der Verlag
mit größtem Bedauern aus dem Projekt
zurückziehen".
Ein Verlust für Köln ist
das nicht. Denn die Kölner Woche zeichnete sich wie ihr
Berliner Mutterblatt nicht eben durch sorgfältig
recherchierte und gut geschriebene Artikel aus. Selbst
die Geschichte, die die Kölner Woche kurzzeitig in die
Schlagzeilen brachte - die Aufdeckung des Skandals um
illegale Insider-Geschäfte des
SPD-Oberbürgermeister-Kandidaten Klaus Heugel -, verriet
nur, dass die Redaktion mit dem Projekt journalistisch
überfordert war. Eine Sonderbeilage zur Kölner Synagoge
und die Kolumne des ehemaligen StadtRevue-Redakteurs
Christian Gottschalk waren die spärlichen Highlights in
einer ansonsten überflüssigen Zeitung.
Trotzdem wird die Kölner
Woche in die Stadtgeschichte eingehen. Denn sie schaffte
etwas, woran die alte Neue Rheinische Zeitung noch
gescheitert war: die Umwälzung der politischen
Verhältnisse - auch wenn sie sich diese ganz anders
vorgestellt hatte. Denn dass Köln nach 43 Jahren SPD
einen CDU-Oberbürgermeister hat, gehört eher zu den
investigativen Kollateralschäden. Einer jedoch wird
nicht so unglücklich darüber sein: der Kölner
Woche-Förderer Werner Peters. Der Besitzer des
"Künstlerhotels Chelsea" und ehemalige
Mitarbeiter der CDU-Bundesgeschäftsstelle hatte schon
vor dem Heugel-Skandal in der Kölner Woche verkündet,
er halte den CDU-Kandidaten für den geeigneten
Oberbürgermeister.
|