11.12.1999



Bequemer fliegen mit der WestLB

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*   Bequemer fliegen mit der WestLB
Von Pascal Beucker

Die SPD-Regierung in Nordrhein-Westfalen nutzte den Charterjet-Service der Landesbank. Aber warum verschweigt sie Flüge des damaligen Ministerpräsidenten Rau? Die CDU wittert eine Affäre.

Das sei doch hier ein "albernes Stückchen", beschied Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) barsch der aufgebrachten CDU-Opposition. Die Stimmung in der Fragestunde am Freitag im nordrhein-westfälischen Landtag ist gereizt. Nach den Glogowski-Skandalen wittern die Christdemokraten eine weitere SPD-Affäre, diesmal in NRW. Anlass sind Berichte des Focus über vermeintlich "traumhaft günstige Trips" des Landesfinanzministers Heinz Schleußer mit einem Charterjet der öffentlich-rechtlichen Westdeutschen Landesbank (WestLB) in den Jahren 1995 und 1996. Inzwischen ist auch der heutige Bundespräsident Johannes Rau in die Schusslinie geraten.

Die CDU-Opposition unterstellt der Landesregierung, ungerechtfertigte Vergünstigungen durch die WestLB bezogen und darüber hinaus den Landtag belogen zu haben. Die Antworten von Clement und Finanzminister Heinz Schleußer auf ihre Fragen konnten die Christdemokraten nicht befriedigen. Sie drohen weiter mit einem Untersuchungsausschuss. "Wir wollen endlich von Ihnen die Wahrheit hören!", forderte erregt der CDU-Fraktionsvorsitzende Laurenz Meyer.

Erstmals beschäftigte sich der NRW-Landtag 1998 mit den umstrittenen Charterflügen. Auslöser waren zwei Zeitungsberichte im Februar 1998 über staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen die WestLB. "Und wenn Clement es eilig hat, vom Morgentermin beim Daimler-Vorstand in Stuttgart zur Kabinettssitzung nach Düsseldorf zu kommen, macht die WestLB schon mal einen ihrer Firmenjets startklar", hieß es damals in der taz. Die CDU stellte eine kleine Anfrage an die Landesregierung: "Wann, wohin und zu welchem Zweck sind Mitglieder der Landesregierung in den letzten drei Jahren mit Firmenjets der WestLB geflogen?" Schleußer antwortete für die Landesregierung im April 1998 - unvollständig. Er führte nur Flüge auf, die er und der damalige Wirtschaftsminister Clement als "Mitglieder des Verwaltungsrats" der WestLB getätigt hatten, 28 an Zahl.

Dass auch Ministerpräsident Johannes Rau immer wieder und gerne auf den Jet-Service der WestLB zurückgegriffen hatte, erwähnte er ebenso wenig wie seine beiden Privatausflüge. Warum sie fehlten, konnte Clement auch in der Landtagsfragestunde nicht befriedigend beantworten. Zu einer Auskunft über die genaue Anzahl der Flüge Raus war er ebenfalls nicht in der Lage. Die Unterlagen darüber befänden sich nicht mehr in der Staatskanzlei. Allerdings, so zitierte Clement aus einer Stellungnahme des Bundespräsidialamtes auf eine Anfrage des Spiegel, habe Rau "keine privaten Flüge" mit Chartermaschinen der WestLB unternommen. Die Dienstflüge als Ministerpräsident seien im Landesinteresse gewesen, so Clement, und zudem ordentlich versteuert worden.

Auch Heinz Schleußer sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Gegen Focus hat er inzwischen eine Unterlassungsklage eingereicht. Zu den Urlaubsflügen per Banken-Jet erklärte er: "Das war für mich damals der einfachere Weg." Allerdings sei ihm inzwischen bewusst, dass das wohl keine besonders kluge Entscheidung war: "Würde ich heute gefragt werden, würde ich formellere Wege wählen."


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