Der mausgraue
NRW-Finanzminister Heinz Schleußer fühlt sich mal
wieder zu Unrecht an den Pranger gestellt. Heute wird der
Untersuchungsausschuss zur Flugaffäre eingesetzt.
Wann, wie oft und von wem
bezahlt? In diesen letzten Monaten als
nordrhein-westfälischer Finanzminister hätte sich Heinz
Schleußer (SPD) lieber mit angenehmeren Fragen
beschäftigt als denen über seine Reisen mit dem
Flugservice der Westdeutschen Landesbank (WestLB).
Was mit einem Bericht
über seine angeblich "traumhaft günstigen
Trips" begann, wird wohl mindestens bis zur
Landtagswahl im Mai 2000 den nordrhein-westfälischen
Landtag beschäftigen. Heute wird ein
Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Düsseldorfer
"Flugaffäre" eingesetzt.
Dabei war sein Abschied im
Mai nach elfjähriger Amtszeit sowieso beschlossene
Sache. Aus Altersgründen klingt eine typische
sozialdemokratische Ruhrpott-Karriere aus: Schleußer
arbeitete sich vom Betriebsschlosser zum Betriebsrat, und
vom Kommunalpolitiker zum Landtagsabgeordneten zum
Finanzminister hoch. Die Entscheidung des damaligen
Ministerpräsidenten und heutigen Bundespräsidenten
Johannes Rau, Schleußer zum Nachfolger des populären
Diether Posser zu berufen, war nicht unumstritten.
Schleußer galt als "graue Maus" und wurde als
"Hinterbänkler" verspottet.
Doch Rau bestand auf den
"emsigen Arbeiter und nüchternen Experten ohne
rhetorische Höhenflüge". Denn es gehörte stets zu
seinem System, mögliche Unruheherde frühzeitig
einzubinden. Die größte Gefahrenquelle für Rau, der
nie über eine Hausmacht in der SPD verfügte, waren die
vier Bezirke, aus denen sich der nordrhein-westfälische
Landesverband zusammensetzt. Und Schleußer war seit 1982
Chef des einflussreichen Bezirks Niederrhein.
Es ist für Schleußer
schon der dritte Untersuchungsausschuss. Anfang der
90er-Jahre stand er im Verdacht, gleich zweimal das
Budgetrecht des Parlaments und damit die Landesverfassung
verletzt zu haben. So finanzierte er kurz vor der
Landtagswahl eine fünf Millionen Mark schwere
Müllvermeidungskampagne des SPD-Umweltministers.
Und von 1992 bis 1995
beschäftigte sich ein Untersuchungsausschuss mit den
dubiosen Umständen des Kaufs und direkten Wiederverkaufs
eines Thyssen-Grundstücks durch das Land. Schleußer war
als Oberhausener Abgeordneter, Finanzminister,
Aufsichtsrat der Thyssen AG und WestLB-Verwaltungsrat an
den Kaufverhandlungen auf allen Ebenen beteiligt gewesen.
Auch dieses Mal fühlt
sich der 63-jährige Schleußer wieder zu Unrecht an den
Pranger gestellt. 25 Jahre säße er nun im Landtag,
klagte er vergangene Woche, doch "solche Hetze"
habe er noch nicht erlebt. Bei seinen Flügen mit den
WestLB-Charterjets sei immer alles mit rechten Dingen
zugegangen. Gegen das Nachrichtenmagazin Focus, das
behauptet, er sei auf Kosten der öffentlich-rechtlichen
Westdeutschen Landesbank an die kroatische Adria
geflogen, hat Schleußer eine Unterlassungsklage
angestrengt.
Die Vorwürfe gegen
Schleußer, der 1997 an Lungenkrebs erkrankte und Monate
mit dem Tod rang, reichen allerdings über vermeintlich
nicht korrekt abgerechnete Privatflüge hinaus. Ihm wird
außerdem vorgehalten, er habe sich 1996 bei der WestLB
mit einer Warnung vor einer Großrazzia bedankt. Die
WestLB ist bis heute im Visier der Steuerfahndung.
Mit WestLB-Chef Friedel
Neuber verbindet Schleußer nicht nur dasselbe
Eintrittsjahr in die SPD, das sie im übrigen auch mit
Johannes Rau gemeinsam haben: 1957. Bis heute verbindet
sie auch eine enge persönliche Freundschaft.
Potenzielle Querulanten
hält Schleußer seinem Freund Neuber gerne vom Leib. So
brüskierte Schleußer die Grünen, als er Ende 1995 den
kleinen Koalitionspartner bei der Neubesetzung des
WestLB-Verwaltungsrates einfach absprachewidrig
überging. Das sei ein "Koalitionsbruch erster
Güte", tobte der grüne Fraktionssprecher Roland
Appel. Doch Schleußer blieb hart - und die Grünen gaben
klein bei.
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