08.07.1999



Aller guten Dinge sind drei

Startseite
taz

*   Aller guten Dinge sind drei
Von Pascal Beucker

Rot-Grün und der VGH: Schon zweimal zuvor erlitt die Regierungskoalition in diesem Jahr Schiffbruch in Münster.

Gerade die rot-grüne Koalition im nordrhein-westfälischen Landtag hätte vor der selbstbewußten Entscheidungsfreudigkeit des Münsteraner Verfassungsgerichtshofs (VGH) gewarnt sein müssen. Bereits zweimal in diesem Jahr hatten ihr die Verfassungsrichter schon peinliche Niederlagen bereitet.

So brüskierte der VGH im Februar Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD), indem er die von ihm verfügte Zusammenlegung des Innenministeriums mit dem Justizministerium für unzulässig erklärte.

Gegen das Clementsche "Superministerium" waren Richterverbände, Anwaltskammer und die Polizeigewerkschaft Sturm gelaufen. Doch der gelernte Jurist mit Erstem Staatsexamen hielt trotz aller Proteste auch von der CDU-Opposition und selbst von den Grünen bis zum bitteren Ende stur an seinem Vorhaben fest, erklärte es gar für "verfassungsrechtlich unangreifbar".

Das sah der VGH anders. Die Richter, über denen "nur noch der Himmel schwebt", hätten "außerordentlich mutig" geurteilt und "sicherlich juristisches Neuland betreten", grantelte seinerzeit der düpierte Clement. "Das ist eine Veränderungssperre, wie ich sie noch nie erlebt habe", polterte der Ministerpräsident. Das Urteil sei "Ausdruck der Reformunwilligkeit" der Richter, so der führende Sozialdemokrat im Lande damals. (Az.: VerfGH 11/98)

Den zweiten Schiffbruch erlitt Rot-Grün vor nicht einmal einem Monat. Am 15. Juni gab das Verfassungsgericht einer Klage der CDU-Fraktion gegen den Landtag und seinen sozialdemokratischen Landtagspräsidenten Schmidt statt. Die CDU hatte 1997 vier Entschließungsanträge in den Landtag eingebracht, die allesamt auf ungelöste Konfliktpunkte in der Regierungskoalition abzielten. Die Fraktionen von SPD und Grünen erlaubten sich daraufhin den Spaß, die Vorlagen durch Änderungsanträge derartig abzuwandeln, daß in der Schlußabstimmung die CDU gegen die von ihr eingebrachten Anträge stimmte.

Die CDU-Frakion sah sich durch dieses Vorgehen in ihren Parlamentsrechten beschnitten und klagte. Zu Recht: "Änderungsanträge, die den Gegenstand eines Entschließungsantrags auswechselten", seien unzulässig, gab Verfassungsgerichtspräsident Bertrams Rot-Grün hinter die Löffel. "Konkrete, auf ganz bestimmte Probleme zugespitzte Aussagen" im ursprünglichen CDU-Antrag seien durch "mehr oder weniger unverbindliche Aussagen" ersetzt worden, erläuterte Bertrams. Damit seien die von der CDU-Fraktion zur Diskussion gestellten konkreten Streitfragen "gleichsam von der Tagesordnung abgesetzt worden, ohne daß der Landtag sich ablehnend oder zustimmend zu ihnen geäußert hätte". Ein solche Praxis, die auch in anderen Parlamenten nicht unüblich ist, hielten die Münsteraner Richter für nicht vereinbar mit der Landesverfassung. (Az.: VerfGH 6/97)


© Pascal Beucker. Alle Rechte an Inhalt, Gestaltung, Fotos liegen beim Autor. Direkte und indirekte Kopien, sowie die Verwendung von Text und Bild nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung des Autors.