26.08.1999



Heugel: Vom Insider zum Outsider

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*   Heugel: Vom Insider zum Outsider
Von Pascal Beucker und Marcus Meier

Wird der SPD-Kandidat Klaus Heugel bei der Kölner Oberbürgermeisterwahl nur den dritten Platz belegen? Vieles spricht dafür.

Klaus Heugel (SPD)Klaus Heugel war sich schon so sicher. Der nächste Oberbürgermeister von Köln, das könne nur er sein. Wer sonst? Schließlich regiert seine Partei die Klüngelstadt am Rhein seit mehr als vierzig Jahren. Und nachdem er seinen innerparteilichen Konkurrenten, den Kölner SPD-Vorsitzenden Kurt Uhlenbruch, bereits grandios weggebissen hatte - wer wollte ihm da noch gefährlich werden? Nun könnte er doch noch kurz vor seinem großen Ziel scheitern. An sich selbst. Denn der Kölner Oberstadtdirektor und SPD-Oberbürgermeisterkandidat machte Geschäfte, die er besser nicht hätte machen sollen - und auch nicht hätte machen dürfen: Insidergeschäfte an der Börse. Heugel mußte am Dienstagabend einräumen, daß der Aufkauf von Aktien der Kölner Firma Felten & Guilleaume "problematisch in Bezug auf ein mögliches Insiderhandeln sein könnte."

Am Mittwoch hat die Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren gegen den Hoffnungsträger der Köln SPD eingeleitet. Es bestehe ein Anfangsverdacht, daß Heugel gegen das Wertpapierhandelsgesetz verstoßen habe, so eine Behördensprecherin gegenüber der taz ruhr.

Im August letzten Jahres verkauften die Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke (GEW) ihren 25,1prozentigen Anteil an dem Kabelhersteller Felten & Guilleaume (F&G) an die Moeller Holding GmbH & Co. KG. Als der Verkauf bekannt wurde, zogen die F&G-Aktien kräftig an - von 147 Mark am Jahresanfang 1998 auf bis zu 268 Mark am 26. August 1998. Zudem machte Moeller am Tag des Verkaufs allen Aktionären ein großzügiges Angebot: 300 Mark pro Aktie. Glücklich diejenigen, die sich rechtzeitig mit F&G-Aktien eingedeckt hatten. Auch Heugel gehörte dazu. Ein Fall für das Bundesaufsichtsamt für Börsenhandel. Es gebe "Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Handels-Verbot für Insider", so das Frankfurter Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel.

Heugel, die graue Eminenz der KölnSPD sitzt im Aufsichtsrat der GEW - und wußte daher von dem geplanten Verkauf. Genau zum richtigen Zeitpunkt stockte er im August 1998 sein Depot von 200 auf 300 F&G-Aktien auf. Und verdiente so innerhalb weniger Tage 14.483,14 Mark.

Die Affäre aufgedeckt hatte die kleine "Kölner Woche". Das wäre für Heugel an sich nicht problematisch gewesen. Sein Pech: Das WDR-Fernsehen sowie lokale und überregionale Tageszeitungen griffen die Geschichte auf. Heugel sah sich gezwungen, in die Offensive zu gehen. "Ich räume ein, daß ich bei den Kontakten mit meiner Bank nicht geschaltet und nicht erkannt habe, daß der Zukauf von F&G-Papieren problematisch im Bezug auf ein mögliches Insiderhandeln sein könnte", erklärt der Betriebswirt heute.

Seine Einsicht kommt möglicherweise zu spät. Die Affäre kann ihn das Amt des Oberbürgermeisters kosten. Möglicherweise wird er nicht einmal in die Stichwahl kommen. Denn es ist nicht unwahrscheinlich, daß das Rennen letzten Endes zwischen dem CDU-Kandidaten Harry Blum und der grünen Kandidatin Anne Lütkes entschieden wird. Vor Bekanntwerden des Skandals lagen Blum und Heugel bei jeweils 25 %, während die Grüne Lütkes 15 Prozent auf sich hätte vereinigen können. Rund ein Drittel der Wähler waren noch unentschieden, für welchen Kandidaten oder welche Kandidatin sie votieren werden. Warum sollten sie sich ausgerechnet jetzt für Heugel entscheiden?

Die KölnSPD ist Heugel auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Einen neuen Kandidaten kann sie nicht mehr nominieren - die Bewerbungsfrist ist abgelaufen. Sollte Heugel seine Kandidatur zurückziehen, würde das Rennen um den ersten Posten in der Klüngelstadt ohne SPD-Beteiligung ablaufen. Und so haben ihm denn auch Parteivorstand und Ratsfraktion das Vertrauen ausgesprochen. "Heugel hat 23 Jahre Politik für Köln gemacht. Und sich dabei nie etwas zu Schulden kommen lassen", betont Fraktionschef Norbert Rüther.

Dagegen sagt der Vorsitzende der Kölner CDU, Richard Blömer, Heugel habe "dem Amt und der Stadt großen Schaden zugefügt". Die CDU will nun beamten- und strafrechtliche Konsequenzen prüfen. Der Kölner Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes (SPD) bewertet das Verhalten seines Parteifreundes als "eine große Dummheit".

Heugel ist weiterhin der "festen Überzeugung", daß er sich nichts hat zu schulden kommen lassen. "Der Privatmann Heugel benutzt nicht den Dienstmann Heugel." Um die Sache aus der Welt zu räumen, will er nun seinen F&G-Spekulationsgewinn für wohltätige Zwecke spenden. "Anlaß für weiterführende politische Konsequenzen sehe ich nicht." Aber möglicherweise die Kölnerinnen und Kölner - am 12. September.


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