Alfred
Neven DuMont ist Herr eines beachtlichen Medienimperiums.
Und er gilt als wenig zimperlich. Sieht er sein Reich
bedroht, reagiert er nicht nur mit harsch formulierten
Briefen.
Fritz Pleitgen
bemühte sich, die Contenance zu wahren: "Ihr Brief
wundert mich", antwortete der WDR-Intendant und neue
ARD-Chef am 13. November höflich Alfred Neven DuMont.
Und Pleitgen versuchte, den Kölner Verleger zu
beruhigen: "Wegen WDRpunktKöln werden Sie kein
Abonnement verlieren und keine Zeitung weniger am Kiosk
verkaufen. Werbung nehmen wir Ihnen auch nicht weg."
Auch künftig werde der WDR "für kultivierte
Verhältnisse in der hiesigen Medienlandschaft eintreten,
im Interesse des Publikums und auch der Stadt
Köln".
Weniger kultiviert hatte Neven DuMont zuvor
eine volle Breitseite auf Pleitgen und den WDR
abgefeuert. Es sei "dem WDR unter Ihrer Leitung
gelungen, eine Kräfteharmonie zwischen gedrucktem Wort
und elektronischen Medien, die insbesondere in Köln
viele Jahrzehnte fortlebte, von Ihren Vorgängern
gepflegt wurde und viele Gemeinsamkeiten aufzeigte,
willkürlich zu zerstören", schrieb er am 8.
November an Pleitgen. Keine öffentlich-rechtliche
Anstalt in der Bundesrepublik betreibe "eine solche
aggressive Hauspolitik". Der ehemalige Präsident
des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV)
klagt noch weiter: "Mit Fairness, mit demokratischer
Umsicht und demokratischen Grundwerten, die von einer
gewissen Gleichberechtigung ausgehen, hat das alles nicht
zu tun."
In Rage versetzt hat Alfred Neven DuMont ein
kleines, täglich zwischen 17.45 Uhr und 18.20 Uhr
ausgestrahltes Lokalfenster: "WDRpunktKöln".
Offensichtlich ist er auf einen Werbegag hereingefallen,
denn das 35 Minuten-Format, das der WDR großspurig als
"Metropolenfernsehen" bewirbt und am 6.
November außer in Köln auch noch in Dortmund
einführte, kommt doch eher schmalbrüstig und inhaltlich
dürftig daher. Trotzdem: Nirgendwo sonst gebe es
"ein sogenanntes Metropolen-Fernsehen, wie Sie es
hier gestartet haben", ereiferte sich der Verleger.
"Sie verfolgen mit Ihrer Strategie ein Schema, das
in der deutschen Geschichte oft genug seine Vorläufer
hat", zieht Neven DuMont einen ungeheuerlichen
Vergleich. Ohne Rücksicht auf Verluste besetze Pleitgen
"neue Gebiete unter dem Vorwand, dass andere sie
sonst später besetzen könnten".
Eindringlinge. Seit die
Gratiszeitung "20 Minuten Köln" des
norwegischen Schibsted-Verlages in sein Hoheitsgebiet
eingedrungen ist, scheint der ohnehin leicht erregbare
Kölner Medienzar Neven DuMont noch dünnhäutiger
geworden zu sein. Dabei bestimmt er den Kölner
Medienmarkt weitgehend nach Belieben. Sein Medienimperium
ist beachtlich: Neben den beiden Tageszeitungen
"Kölner Stadt-Anzeiger" und "Kölnische
Rundschau" gehören ihm noch das
Boulevardblatt "Express" sowie die - als
Reaktion auf "20 Minuten Köln" gestartete -
Gratiszeitung "Kölner Morgen". Hinzu kommen
Beteiligungen an mehr als einem Dutzend
Anzeigenblättern, an "Radio Köln" und
weiteren privaten Lokalradios, an einer monatlich
erscheinenden Stadtillustrierten und an einem Buchverlag.
(In Halle gibt er zudem die "Mitteldeutsche
Zeitung" heraus.) Mit "20 Minuten Köln",
dem einmal pro Woche erscheinenden Kölner Lokalteil der
"tageszeitung" sowie der alternativen
"StadtRevue" hat er im Kölner Raum eine
überschaubare Konkurrenz.
Doch Neven DuMont sieht sein Reich bedroht:
Auf Grund der kostenlosen Konkurrenz verzeichneten seine
Verkaufsblätter "Kölnische Rundschau" und
"Express" einen Verlust von vier Prozent, der
"Kölner Stadt-Anzeiger" verlor 2,5 Prozent an
Auflage - während der BDZV bundesweit nur einen
Auflagenrückgang von jährlich einem Prozent errechnet
habe.
Bröckelnde Auflagen. Ausgerechnet in
dieser "prekären Situation", so klagt der
73-Jährige, bedränge "WDRpunktKöln" noch
zusätzlich den "ohnehin belasteten" Kölner
Zeitungsmarkt. Trotz anderweitiger Beteuerungen werde es
Pleitgen "zweifellos gelingen, die Auflagen der
Tageszeitungen in Köln und damit den Lesermarkt weiter
abbröckeln zu lassen". Und Neven DuMont mutmaßt
bereits über die nächsten finsteren Pläne gegen sein
Verlagshaus: die mögliche "Kombination einer der
Gratis-Zeitungen mit WDR-punktKöln'". Was ihn
besonders verbittert: "Noch vor Jahr und Tag haben
Sie mit mir in ihrem Büro und bei einem Essen von einer
abgestimmten Zukunft gesprochen."
WDR-Intendant Pleitgen kann die Aufregung
nicht verstehen. Wer auf dem Kölner Zeitungsmarkt
"die Macht hat, wissen Sie selbst am besten",
antwortete er. Neven DuMonts Brief sei "keine
sachliche Darstellung, sondern reine Polemik."
Kölns Citizen Kane wolle ins Verlegerfernsehen, deshalb
denunziere er den WDR. "Wir kommen also nicht auf
Ihr Feld, sondern Ihr Haus will gegen den WDR
antreten." Doch das verhindert bislang das
nordrhein-westfälische Privatrundfunkgesetz. Es erlaubt
kein Verleger-Ballungsraumfernsehen. Und eine geplante
Novellierung lässt zum Leidwesen Neven DuMonts auf sich
warten.
Für Pleitgen sind die Fernsehambitionen
Neven DuMonts allerdings bedenklich: "Ob es für die
Meinungsvielfalt gut ist, wenn ein Veranstalter in allen
Medien antritt, halte ich für äußerst fraglich."
So habe der Leitartikel im "Kölner
Stadt-Anzeiger" bereits "einen Vorgeschmack
gegeben, was zu erwarten ist, wenn Sie auch Fernsehen
machen sollten". In dem Text hatte ein Redakteur
unter der Überschrift "Ein Sender auf Abwegen"
das "Stadtfernsehen"-Monopol des WDR
attackiert: "Dem Lokal-TV aber, das der WDR unter
Protektion der Landesregierung veranstalten darf, stehen
die Zeitungsverlage wehrlos gegenüber." Das sei
"eine grobe medienpolitische Fehlleitung und ein
wettbewerbspolitischer Skandal".
Ein Text, ganz im Sinne des Herausgeber, der
sich, wie es aus Redaktionskreisen heißt, jeden
medienpolitischen Artikel persönlich vorlegen lässt.
Pleitgen gefiel er nicht: "Hätte ich wie Sie auf
jedes kritische Wort mit einem Protestbrief reagiert,
müsste ich Ihnen eigentlich jede Woche schreiben."
Alfred Neven DuMont greift gerne mal zur
spitzen Feder. Auf Freundlichkeitsfloskeln legt er dabei
wenig Wert. So schrieb er im Dezember 1999 als Reaktion
auf eine Pressemitteilung der Grünen im Kölner Stadtrat
der damaligen grünen Bürgermeisterin und heutigen
schleswig-holsteinischen Justizministerin Anne Lütkes:
"Es wird berichtet, dass die Fraktion der Bündnis
90/Die Grünen folgende Formulierung abgesondert
hat." Die Grünen hätten ihre Haltung zu
korrigieren.
Auch die SPD bekam Post. Sie wurde von dem
früheren Präsidenten der Kölner Industrie- und
Handelskammer davor gewarnt, das vermeintliche Engagement
zweier SPD-Mitglieder für "20 Minuten Köln"
könne "das Verhältnis der SPD Köln zu meinem Haus
nachhaltig belasten". Die Sozialdemokraten leisteten
umgehend Abbitte.
Harte Bandagen. Auch ansonsten
gibt sich Neven DuMont wenig zimperlich, wenn er seine
Interessen tangiert sieht. So setzte er 1996
kurzentschlossen den langjährigen
"Stadt-Anzeiger"-Redakteur Hartmut Schergel vor
die Tür, nachdem dieser DuMont-kritische Bemerkungen in
dem Artikel eines freien Autoren hatte durchgehen lassen
(vgl. journalist 9/96). Der Herausgeber sah in dem
Journalisten ein "publizistisches
Sicherheitsrisiko". Das Arbeitsgericht kam zu einem
anderen Urteil. Die Kündigung musste zurückgenommen
werden. Der Versuch, die Ausstrahlung eines
Kanal-4-Beitrages über den "Fall Schergel" im
Privatsender RTL zu verhindern, scheiterte ebenfalls
(vgl. journalist 3/97).
Auch gegen den WDR kämpft Alfred Neven
DuMont mit harten Bandagen. Er belässt es nicht bei
harsch formulierten Briefen. Sein Verlag M. DuMont
Schauberg hat bis auf weiteres alle Werbekooperationen
mit dem WDR eingestellt. Zudem sollen nach Informationen
des Branchendienstes "Funkkorrespondenz" die
Chefredakteure von "Stadt-Anzeiger" und
"Express" angewiesen worden sein, nur noch das
Nötigste über den WDR zu berichten.
Das allerdings bestreitet Hasso Graf Bülow
von Dennewitz, der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des
Verlages. Wie könnte es anders sein, sind doch die
Bösen immer die anderen. In diesem Fall ist es mal
wieder der WDR.
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