07.03.2001

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taz

*   Prozess gegen Brandstifter beginnt
Von Pascal Beucker

Wenige Monate nachdem in Düsseldorf Brandflaschen gegen die Synagoge flogen, stehen die beiden mutmaßlichen Täter vor Gericht. Nur ein Verhandlungstag wurde angesetzt. Ein rechtsradikaler Hintergrund bei der Tat scheint ausgeschlossen.

Die Tat erregte weltweites Aufsehen: In der Nacht vom 2. Oktober 2000 trafen drei Molotowcocktails die Synagoge in Düsseldorf. Heute, fünf Monate nach dem Brandanschlag, beginnt vor dem Düsseldorfer Amtsgericht der Prozess gegen die beiden mutmaßlichen Täter.

Angeklagt sind der 19-jährige staatenlose Palästinenser Belal T. und der 20-jährige Deutsche marokkanischer Herkunft Khalid Z. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden versuchte schwere gemeinschaftliche Brandstiftung und Verstoß gegen das Waffengesetz vor. Laut Strafgesetzbuch drohen ihnen bis zu zehn Jahre Haft.

Es dürfte ein schneller Prozess werden. Der Fall gilt als "ausermittelt", heißt es in Justizkreisen. Bereits unmittelbar nach der Festnahme der beiden Verdächtigen Ende vergangenen Jahres hatte Generalbundesanwalt Kay Nehm mitgeteilt, dass Belal T. und Khalid Z. "den Tatvorwurf im Wesentlichen eingestanden" hätten. Als Motiv sollen sie Hass auf Israel und die Juden angegeben haben. Gegen die israelische Politik den Palästinensern gegenüber hätten sie "ein Zeichen setzen" wollen. Bei dem Anschlag entstand nur geringer Sachschaden. Eine 31-jährige Sportstudentin, die in zufällig an der Synagoge in der Zietenstraße vorbeikam, hatte die Flammen beherzt gelöscht.

Nach Einschätzung Nehms handelte es sich bei der Tat, die von der Palästinensischen Gemeinde in Deutschland mit "Bedauern und Abscheu" verurteilt wurde, um einen "persönlichen Vergeltungs- oder Racheakt" zweier Einzelgänger. Sie hätten nicht im palästinensischen Auftrag gehandelt und seien auch nicht von arabischen oder deutschen rechtsradikalen Gruppen unterstützt worden. Nehm hat inzwischen das Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft Düsseldorf zurückgegeben.

Für den Prozess ist zunächst nur ein Verhandlungstag angesetzt. Denkbar ist allerdings, dass das Verfahren gegen Khalid Z. abgetrennt wird: Gegen ihn liegt auch noch eine Anklage im Zusammenhang mit gewalttätigen Ausschreitungen in Essen vor. Nur fünf Tage nach dem Anschlag hatten im Anschluss an eine Demonstration eines "Deutsch-Libanesischen Freundeskreises" 250 Randalierer versucht, die dortige Alte Synagoge zu stürmen. 30 Fenster der heutigen Gedenkstätte gingen dabei durch Steinwürfe zu Bruch. Die Essener Polizei nahm 175 Personen vorläufig fest und überprüfte ihre Personalien - unter ihnen: der Lehrling Khalid Z. und der arbeitslose Belal T.

Das wurde ihnen zum Verhängnis. Denn die Generalstaatsanwaltschaft ließ alle Beteiligten an den Essener Krawallen observieren und ihre Telefone abhören. So kamen die Ermittler den beiden auf die Spur. Anfang Dezember wurden sie unter dringendem Tatverdacht festgenommen. Seitdem sitzen sie in Untersuchungshaft. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnungen wurden unter anderem handschriftliche Aufzeichnungen mit antisemitischen, antiisraelischen und rassistischen Inhalten und ein selbst gemaltes Hitlerbild sichergestellt. In einen Türrahmen waren Hakenkreuze geritzt. An der Wand fanden die Beamten die Worte "Hass" und ein falsch geschriebenes "Sieg Heil".

Der Brandanschlag auf das jüdische Gotteshaus in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt war zunächst deutschen Neonazis zugeschrieben worden. Er hatte weltweit Empörung erregt, da er als Symbol für das Wiederaufleben rechter Gewalt und antisemitischer Tendenzen in Deutschland wahrgenommen wurde. Bei seinem Besuch des Tatorts zwei Tage danach hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder zum "Aufstand der Anständigen" gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus aufgerufen.


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