CDU-Chefin Angela
Merkel gerät in den eigenen Reihen weiter in die Kritik. Mehrheit der
Bundesbürger hält sie für Fehlbesetzung. Erklärungsnot wegen neuer
Spende.
In der Union wächst
die Kritik an Parteichefin Angela Merkel. Der stellvertretende
CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers forderte, in die Parteispitze müsse
endlich wieder Geschlossenheit einkehren. "Angreifen statt
streiten. Sachdebatten statt Personaldebatten", verkündete der
Chef der nordrhein-westfälischen CDU. Angesichts der Lage in Berlin
habe man Angst, morgens die Zeitung aufzuschlagen.
Doch die
Personaldebatte tobt. Dabei geht es nicht einmal mehr nur um die
Frage, ob Merkel oder Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber besser
geeignet ist. In der Frage der Kanzlerkandidatur wandten sich
CDU-Politiker gegen eine Beschränkung auf die beiden Namen.
Unions-Fraktionsvize Klaus Lippold erklärte der Welt am Sonntag:
"Wir haben eine Reihe guter Leute, nicht nur einen oder zwei. Das
sind Merz, Koch, Merkel, Stoiber, Seehofer - die Liste ließe sich
fortsetzen." Hamburgs CDU-Landeschef Dirk Fischer sagte, die
Kandidatenauswahl sei "auf keinen Fall auf die Namen Merkel und
Stoiber verengt". Gleichzeitig warf er Merkel "erkennbare
Defizite" im Umgang mit der Macht vor.
Die
CDU-Bundesvorsitzende ihrerseits kritisierte am Samstag die Angriffe
aus der eigenen Partei und drohte mit Konsequenzen. "Wer in
dieser Partei nicht begreift, wo die eigentlichen Wettbewerber und die
Anzugreifenden stehen, und immer wieder in Interviews und
Hintergrundgesprächen Gift und Salz in die eigenen Reihen streut,
muss auch zur Verantwortung gezogen werden." Dafür erhielt
Merkel beim CDU-Landesparteitag in Hildesheim Applaus.
Hinter die CDU-Chefin
stellte sich Exbundestagspräsidentin Rita Süssmuth. Sie rief ihre
Partei zu Fairness auf. Die gescheiterte Nominierung von Wolfgang Schäuble
als Berliner Spitzenkandidat dürfe nicht allein ihr angelastet
werden. Fast die Hälfte der Bundesbürger (49 Prozent) hält Merkel
laut Forsa-Umfrage für eine Fehlbesetzung. Nur für 40 Prozent ist
sie die richtige Frau an der Parteispitze.
Neue
Spende
Auch in Sachen
Spendenskandal droht der CDU neues Ungemach. Am Donnerstag soll Günther
Grotkamp, bis 1999 Geschäftsführer der Essener WAZ-Mediengruppe, vor
dem Bundestagsuntersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre die Umstände
dreier Spenden erklären. Er hatte im Dezember 1990 an einem Tag und
von einem Konto zweimal 33.000 und einmal 34.000 Mark an die
Christdemokraten überwiesen. Dafür erhielten Grotkamps Frau und zwei
Schwägerinnen vom damaligen CDU-Bevollmächtigten Uwe Lüthje
Spendenquittungen.
SPD-Obmann Frank
Hoffmann sieht den Ausschuss nun "erstmals konkret einer weiteren
Form der Finanz-Verschleierung bei der CDU auf der Spur". Der
Verdacht: Die Gesamtsumme wurde gestückelt, damit die einzelnen
Spenden unter der damals gültigen Meldegrenze von 40.000 Mark blieben
und der Spender nicht im CDU-Rechenschaftsbericht auftauchte. Dafür
spricht ein interner Vermerk, der Grotkamp als alleinigen Spender der
100.000 Mark aufführt.
Bereits im Januar
dieses Jahres fragte der Untersuchungsausschuss Helmut Kohl bei seiner
Vernehmung, ob der WAZ-Mann einer der anonymen Spender sei. Der Ex-Kanzler
blieb erwartungsgemäß die Antwort schuldig. Für diese Annahme
spricht eine weitere Spende: Ausgerechnet Erich Schumann, Grotkamps
sozialdemokratisches Alter ego im WAZ-Konzern, beteiligte sich im Frühjahr
vergangenen Jahres an Kohls Privatsammelaktion und schenkte ihm
800.000 Mark. Dafür schmiss die SPD den verdienten Genossen Schumann
aus der Partei.
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