12.10.2001

Startseite
taz

*   Auf Bewährung frei
Von Pascal Beucker

Höhere Strafen im Prozess um Anschlag auf Synagoge, aber Sozialprognose bewahrt einen Täter vor Gefängnis.

Nein, kein Jubel, keine sichtbare Freude. Und doch ist Belal T. die Erleichterung anzumerken: Seinen zwanzigsten Geburtstag wird er am Sonntag in Freiheit feiern können. Für seine Beteiligung am Brandanschlag auf die Düsseldorfer Synagoge am 2. Oktober vergangenen Jahres wurde der staatenlose Palästinenser im Berufungsprozess gestern wegen versuchter schwerer Brandstiftung und Verstoß gegen das Waffengesetz zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt.

Den mitangeklagten 21-jährigen Khalid Z. verurteilte das Landgericht in Düsseldorf zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung. Ihm legte die Kammer auch schweren Landfriedensbruch zur Last. Der Deutsche marokkanischer Herkunft hatte sich nur fünf Tage nach der Düsseldorfer Tat an Ausschreitungen gegen die Alte Synagoge in Essen beteiligt. Damit verschärfte das Gericht zwar die Urteile aus der ersten Instanz um vier und drei Monate, blieb aber unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß.

Hatte das Amtsgericht Anfang März noch den geständigen Jugendlichen geglaubt, sie hätten nur ein symbolisches Zeichen gegen die Gewalt der Israelis in Palästina setzen und das Gotteshaus nicht in Brand stecken wollen, hielt das Landgericht dies nun für widerlegt. "Nach ihrer Vorstellung hat es brennen sollen", sagte der Vorsitzende Richter Werner Arendes in seiner Urteilsbegründung. Ein Brand sei nur deshalb verhindert worden, weil die Tür der Synagoge mit Sicherheitsglas ausgestattet gewesen sei - was die Täter jedoch vorher nicht gewusst hätten. So konnten der Kalksandstein, den Belal T. schleuderte, und die drei Molotowcocktails, die Khalid Z. warf, nur geringen Sachschaden verursachen.

Ihre Tat sei ein schweres Verbrechen gewesen, urteilte Arendes. Die beiden Jugendlichen hätten wissen müssen, dass der Anschlag bei jüdischen Mitbürgern "schlimme Erinnerungen" hervorrufen würde.

Dass Belal T. trotz der Schwere der Tat nicht wieder in Haft muss, wie es die Staatsanwaltschaft forderte, verdankt der arbeitslose Jugendliche mit Sonderschulabschluss nicht zuletzt seinem Verhalten nach der Entlassung aus der dreimonatigen Untersuchungshaft im März. So habe der Sohn eines früheren PLO-Offiziers, der seit 1987 in der Bundesrepublik lebt, von sich aus den Täter-Opfer-Ausgleich mit der Jüdischen Gemeinde gesucht und dadurch gezeigt, "dass er die Tat sehr bedauert", sagte Arendes.


© Pascal Beucker. Alle Rechte an Inhalt, Gestaltung, Fotos liegen beim Autor. Direkte und indirekte Kopien, sowie die Verwendung von Text und Bild nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung des Autors.