12.04.2001

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*   Kölner Gen-Test gegen Rassismus
Von Pascal Beucker

Gefälschter Aufruf mit Stadtwappen verunsicherte Bevölkerung. Anonyme Absender melden sich bei der taz köln und erklären ihren "Aprilscherz" als Entlarvung rassistischer Kontrollen.

Das Schreiben mit dem Briefkopf der Stadt Köln sorgte in etlichen Haushalten für Unruhe: Das Ordnungsamt rufe alle Kölnerinnen und Kölner zum DNA-Test auf. So jedenfalls stand es in dem mit "Der Oberstadtdirektor" unterzeichneten Brief, der am 31. März in hunderten Briefkästen in Nippes, Ehrenfeld und Ossendorf lag. Eine Fälschung, wie sich bald herausstellte. Die Stadt erstattete Anzeige gegen unbekannt. Die anonymen Verfasser haben jetzt gegenüber der taz Köln schriftlich erklärt, was sie mit der Aktion erreichen wollten.

In dem Schreiben an die Haushalte wird die vermeintlich anstehende DNA-Analyse für die Kölner Bevölkerung mit der Notwendigkeit begründet, "Aufenthaltsberechtigte von illegal hier lebenden Personen unterscheiden zu können". Angesichts "der vielschichtigen Probleme unseres Landes, besonders im Bereich des Arbeitsmarktes", könne es in Zukunft "mehr als bisher notwendig werden, den Aufenthalt von nicht berechtigten Personen auf dem Gebiet der Bundesrepublik zu unterbinden". Daher würden "zur Identifikation der fraglichen Personengruppe" erstmals nun auch in Köln DNA-Speicheltests vorgenommen. Am 4. April hätten sich "alle Angehörigen Ihres Haushalts" im Amt für Öffentliche Ordnung einzufinden, "um den Test durchzuführen". Wer nicht zu dem Termin erscheinen könne, solle dem Ordnungsamt eine Haarprobe und eine Kopie seines Personalausweises zusenden: "Versehen Sie die Sendung mit dem Vermerk ‚Deutschland'."

Die Stadt Köln reagierte auf den "geschmacklosen Aprilscherz" empört. Das Schreiben mute "in seinen Inhalten rechtsradikal" an, urteilte sie. Auch Kölner Zeitungen fragten sich, ob möglicherweise Rechtsradikale hinter der Aktion stehen.

Unzutreffende Spekulationen: Mit ihrer Aktion, teilt nun eine sich "1.A.P.R.I.L." nennende Gruppe mit, habe sie "die Öffentlichkeit mit der absurden und rassistischen Ausländerpolitik der BRD direkt konfrontieren" wollen. Der gefakte Aufruf stelle "nur einen Schatten der Kontrollmaßnahmen dar, die der Staat bereits durchführt oder vorbereitet, um unerwünschte ‚überflüssige' Personengruppen zu kontrollieren bzw. auszugrenzen". Ziel sei gewesen, "eine Diskussion anzuregen und gleichzeitig eine Behörde, die maßgeblich an der rassistischen Ausländer- und Abschiebepolitik der BRD mitwirkt, durch zahlreiche Anrufe aus der Bevölkerung in ihrer Arbeit zu stören".

In ihrer der taz köln vorliegenden "Stellungnahme zum DNA-Test-Aufruf" lassen die anonymen Antirassisten allerdings auch eine selbstkritische Auswertung ihres "Aprilscherzes" erkennen. "Sollte die Aktion vereinzelt bei Menschen, die ohne Papier hier leben oder einen sonstigen prekären Status haben, Angst ausgelöst haben, so ist das ausdrücklich nicht unser Ziel gewesen. Sorry."

Gegen die Urheber der Aktion ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft wegen Amtsanmaßung. Bislang gebe es jedoch keinerlei Anhaltspunkte, wer hinter der Aktion steht, erklärte Oberstaatsanwältin Regine Appenrodt gegenüber der taz köln.


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