02.08.2001

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taz

*   Ghetto statt Integration
Von Pascal Beucker und Bernhard Krebs

Kasernenhaltung in Köln-Porz für 600 Flüchtlinge geplant.

Auf heftige Empörung stoßen die Pläne der Stadt, in Porz 600 Flüchtlinge - vorwiegend aus Ex-Jugoslawien, unter ihnen viele Roma und Sinti - in der ehemaligen belgischen Kaserne Brasseur in Köln-Westhoven unterzubringen.

"Was jetzt passieren soll, ist Ausgrenzung pur", wirft Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat der Stadt vor. Doris Schmitz, Vorstandsmitglied des Rom e.V., befürchtet ein "Riesenghetto" und "eine Bestrafung der Menschen, die sich seit Jahren um eine Integration in die Gesellschaft Kölns bemühen". Zudem stößt die geplante Einrichtung eines Kindergartens und einer Schule auf dem Kasernengelände beim Rom e.V. auf Unverständnis: "Extraschulen und Kasernierung sind diskriminierend und erinnern an die Apartheidpolitik." Stattdessen fordert Schmitz die Stadt auf, endlich die "ersehnten Integrationshilfen zu geben."

Die Stadt begründet die geplante Konzentrierung der Flüchtlinge in der Brasseur-Kaserne mit Beschwerden von Nachbarn der bisherigen Übergangsheime "über Sachbeschädigungen, Diebstähle und andere Konfliktsituationen". Der neue Standort biete den Vorteil, dass er "außerhalb direkter Wohnbebauung" liege.

Grüne und PDS lehnen die Pläne der Verwaltung ab. "Flüchtlinge zu isolieren und zu kasernieren ist der falsche Weg", sagte der grüne Fraktionsvize Jörg Frank. Er erwartet von der Verwaltung "organisatorische Alternativen, die einer humanen Unterbringung gerecht werden." PDS-Ratsherr Jörg Detjen fordert "kleine dezentrale Flüchtlingseinrichtungen, wo die Menschen sich erholen und wieder reaktivieren können".

Die CDU unterstützt hingegen den Kasernierungsplan. "Die Pläne sind sinnvoll", so Fraktionsvize Karl Jürgen Klipper. Er erhofft sich davon eine abschreckende Wirkung: "Wir müssen gezielt gegen Schlepperbanden vorgehen, die Flüchtlinge organisiert nach Köln bringen." Klipper, der nach der nächsten Kommunalwahl CDU-Fraktionschef Rolf Bietmann beerben will, glaubt nicht, dass "bei 600 Flüchtlingen eine stärkere Gettoisierung stattfindet als bei 200." Denn: "Der Integrationswille der Flüchtlinge ist ohnehin nicht sehr hoch."

Während die Rats-FDP ebenfalls die Pläne der Stadt unterstützt, regt sich Widerstand an der Porzer Basis der Liberalen. Allerdings macht sich FDP-Bezirksvertreter Björn Dietzel weniger Sorgen um die Flüchtlinge als um die Folgen für die Eingeborenen. "Porz ist nicht die Kölner Müllkippe", verkündete er. Dietzel verweist auf die geplante forensische Klinik, die "schon genügend zusätzliche Belastung für den noch dörflich-bürgerlich geprägten Stadtteil" bringe. Dietzel würde lieber in der Kaserne "Start-up-Unternehmen der Bio- und Gentechnologie" unterbringen. Widerstand kommt auch vom Bürgerverein Ensen-Westhoven: "Westhoven und Poll dürfen nicht zur Kölner Bronx werden", trommeln die anständigen Provinz-Deutschen, die ihren Ortsteil schon jetzt "über Gebühr belastet" sehen. Sie kündigten eine Protestdemonstration an.


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