16.08.2001

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taz

*   Hier spielt die Volksmusik
Von Pascal Beucker, Nina Magoley und Frank Überall

Im Protest gegen Flüchtlingsheim marschieren CDU, FDP und SPD in Porz einträchtig mit der rechten "Bürgerbewegung pro Köln". Deren Vorsitzende dankt den "Alt-Parteien" für die Demo-Anmeldung.

Wenn sich am Samstag nächster Woche auf dem Marktplatz von Ensen-Westhoven die Porzer Eingeborenen zur "Großdemonstration" formieren, wird dort eine illustre Gemeinschaft versammelt sein. Schulter an Schulter werden dort örtliche CDU-, FDP- und SPD-Politiker mit der rechtsextremen "Bürgerbewegung pro Köln" stehen. Ihr gemeinsamer Protest richtet sich gegen die von der Stadt geplante Unterbringung von 600 Flüchtlingen - vor allem Roma-Familien - in der ehemaligen belgischen Kaserne Brasseur.

"Wir sind den Altparteien für die Demo-Anmeldung dankbar", freut sich "pro Köln"-Vorsitzende Judith Wolter. "Gerade bei dem Thema werden wir wenig Mühe haben, unsere Anhänger zu mobilisieren", jubiliert die 23-jährige Jura-Studentin. Und fügt hinzu: "Das wird ein Heimspiel werden." Auch der neonazistische "Siegener Bärensturm" und der "Nationale Widerstand Sauerland/ Siegerland" rufen inzwischen zu der Demonstration auf.

Demo-Initiator ist die Initiative "Kritiker und Gegner der forensischen Klinik Köln-Porz-Westhoven", kurz "BürgerKaFOR Köln". Mit großem Aggressionspotential macht sie Front gegen die zu erwartenden Flüchtlinge, die nach Meinung des "KaFOR"-Vorsitzenden Hans Burgwinkel größtenteils kriminell und für ihre Umgebung als "unerträglich und gefährlich" einzuschätzen sind.

Unterstützung erhält er dabei vom christdemokratischen Porzer Bezirksvorsteher Horst Krämer. Er hat angekündigt, auf der Demonstration am 25. August "in der ersten Reihe mitzumarschieren". Mitmarschieren will auch die CDU-Bundestagsabgeordneten Ursula Heinen. "Was mit Porz gemacht wird, ist eine Schweinerei", wendet sie sich mit starken Worten gegen die städtischen Pläne. Durch die geplante forensische Klinik sei der Stadtteil schon "genug belastet". Nun müsse im Rathaus geklärt werden, "wie es zu einer solchen Entscheidung kommen konnte".

"Schändlich" sei es, dass die Vertreter der großen Parteien in einen solchen "Populismus abdriften", urteilt Jörg Frank, stellvertretender Ratsfraktionschef der Grünen. "Sie werden schon sehen, wohin das führt." Seine Partei lehnt das Flüchtlingsheim in der Kaserne ebenfalls ab - "allerdings aus ganz anderen Gründen", betont Frank: "Eine solche Masseninternierung ist nicht human. Wir wollen, dass die Flüchtlinge auf kleinere Heime verteilt werden."

Diese Ansicht teilt auch der Kölner SPD-Chef Jochen Ott. "600 Leute in eine solche Kaserne zu stopfen - da sind die Probleme doch schon vorprogrammiert", warnt er. Ott hält es zudem "für einen Skandal, so ein Ding in der Sommerpause durchzuziehen". Er fordert von der Stadt, "darüber nachzudenken, wie die Flüchtlinge besser verteilt werden".

Noch jedoch bleibt die Stadt offiziell bei ihren Plänen: Weiter soll an dem Konzept der Flüchtlingsmassenkasernierung festgehalten werden. Der taz erklärte Jürgen Müllenberg vom städtischen Presseamt, dass es bisher in der Verwaltung keinen Grund zum Umdenken gebe.

Allerdings wird vielleicht bald ein neuer Standort aus dem Hut gezaubert: Wie schon beim Straßenstrich soll bereits hinter den Kulissen fieberhaft nach einer Alternative gesucht werden, um den geballten rechtsrheinischen Volkszorn zu beruhigen. Für die Flüchtlinge allerdings dürfte auch ein neuer Standort keine Verbesserung ihrer Situation darstellen.


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