08.11.2001

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taz

*   KOMMENTAR: Christen endlich wie Muslime behandeln
Von Pascal Beucker

Landesbildungsministerin Gabriele Behler kann sich freuen. Mit der Abweisung der Klage des Islamrats und des Zentralrats der Muslime bleiben ihr Berliner Verhältnisse erspart. Sie muss sich nicht wie ihr Hauptstadtpendant und Parteifreund Klaus Böger erfolglose und immer peinlichere Tricks einfallen lassen, um zu verhindern, dass eine islamistische Organisation ihr vor Gericht erstrittenes Recht auf Durchführung von Religionsunterricht wahrnehmen kann. Nur: Das Problem ist damit nicht gelöst – und auch nicht durch die wortreichen Bekundungen der Ministerin, sich weiterhin für die Einführung von islamischem Religionsunterricht einzusetzen.

Wenn die Landesregierung ihre eigenen Erklärungen ernstnimmt, Muslime stünden nicht außerhalb sondern seien Bestandteil der bundesdeutschen Gesellschaft, dann muss sie ihnen auch tatsächlich die gleichen Rechte einräumen. Das heißt: Muslime haben ein Recht auf einen islamischen Religionsunterricht – und zwar unter den gleichen Bedingungen, die auch für den christlichen gelten. Ohne Ausnahme.

Wenn Behler meint, die islamischen Vereinigungen stünden vor der Aufgabe, sich „in Nordrhein-Westfalen als Religionsgemeinschaft relevanter Größe auf die Inhalte eines solchen Unterrichts zu verständigen“, dann verstößt sie gegen diesen Gleichheitsgrundsatz. Eine Aufsplitterung des islamischen Religionsunterrichts in eine Vielzahl von Religionsvereinigungen sei vom Verfassungsgeber nicht gewollt, argumentiert sie. Das mag sein. Aber zum einen ignoriert dies, dass sich der Islam grundsätzlich anders organisiert als beispielsweise die katholische Kirche. Zum anderen stellt sich die Frage: Warum müssen sich dann nicht auch Katholiken, Protestanten, Griechisch- und Russisch-Orthodoxe und die Zeugen Jehovas an einen „Runden Tisch“ setzen und sich auf einen gemeinsamen Unterricht einigen? Das wäre zwar absurd, aber konsequent.

Das Beste allerdings wäre, Behler und die rot-grüne Landesregierung gingen einen ganz anderen Weg: den der Verwirklichung des Verfassungsgrundsatzes der Trennung von Kirche und Staat. Das bedeutete die generelle Abschaffung von Religion als Schulfach. Neben den Modellversuch „islamische Unterweisung“ könnte dann die „christliche Unterweisung“ treten. Mit vom Staat und nicht von den Kirchen aufgestellten Lehrplänen. Das hätte doch was. Für die Religionen gibt es schließlich noch die Kirchen, Synagogen und Moscheen. In der Schule haben sie und ihre Repräsentanten nichts zu suchen.


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