07.03.2002

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taz

*   Ein Müll-Mogul im Zentrum der Affäre
Von Pascal Beucker und Werner Rügemer

Ermittlungen gegen den Entsorgungsriesen Trienekens lösten den Kölner Skandal aus. Der 63-jährige Unternehmer aus Viersen betreibt in Nordrhein-Westfalen schon lange politische Landschaftspflege. Auch zwei CDU-Bundestagskandidaten sind seiner Firma verpflichtet.

Der zeitliche Zusammenhang ließ aufhorchen. Vergangenen Freitag traf sich der Viersener Entsorgungsunternehmer Hellmut Trienekens mit der Staatsanwaltschaft, die wegen Millionenzahlungen im Zusammenhang mit dem Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage ermittelt. Kurz danach erinnerte sich der Kölner SPD-Multifunktionär Norbert Rüther plötzlich daran, dass er in den Neunzigern Geld von einem Großspender angenommen hatte. Er trat von allen Ämtern zurück. Jetzt muss sich Trienekens gegen den Verdacht zur Wehr setzen, er sei der Urheber der umstrittenen Spende an die SPD.

Der 63-Jährige ist eine Schlüsselfigur der Affäre - und mit seinen 4.700 Beschäftigten weit mehr als ein gewöhnlicher Müllhändler. Längst hat sich der mächtige Energieriese RWE als Mehrheitsgesellschafter eingekauft. Die RWE Umwelt AG, in der Trienekens den größten Bereich stellt, ist nach Angaben des Kartellamts "das größte deutsche Entsorgungsunternehmen".

Der Konzern hat den Abfalltransport in dutzenden von Kommunen im Griff und ist als einziges Unternehmen Miteigentümer von mehreren Müllverbrennungsanlagen in Nordrhein-Westfalen. Vom Bodensee und aus Neapel schafft Trienekens Müll heran. Er besitzt Verträge mit dem Dualen System, eigene Deponien, Sortieranlagen. Die Regeln des Wettbewerbs scheinen für den Müllmogul nicht zu gelten. Trienekens bekam die Hälfte der Kölner Abfallwirtschaftsbetriebe für 60 Millionen Mark, obwohl ein Mitbewerber 20 Millionen mehr geboten hatte. Im Erftkreis durfte Trienekens die Tonne Müll für 440 Mark verbrennen, obwohl ein Konkurrent die Leistung für 235 Mark anbot.

Trienekens Bemühungen um nordrhein-westfälische Kommunalpolitiker dürften solchen Geschäften nicht abträglich sein. So ist der Frechener SPD-Landtagsabgeordnete Hardy Fuß Geschäftsführer der Mönchengladbacher Trienekens-Tochter ISIS GmbH. Gegen Fuß ermittelt die Staatsanwaltschaft, weil er in den Kölner Schmiergeldskandal verwickelt sein soll.

Aber nicht nur Sozialdemokraten werden versorgt. Der Kölner CDU-Bundestagskandidat Egbert Bischoff steht seit 1993 auf der Lohnliste von Trienekens. Auch der Kölner Ratsfraktionschef Rolf Bietmann, der ebenfalls für den Bundestag antritt, ist mit Trienekens verbunden - als Rechtsanwalt. Deshalb fordert der Kölner Parteienforscher Erwin K. Scheuch, dass Bischoff und Bietmann "ihre Kandidaturen zum Bundestag ruhen lassen", bis der Fall Trienekens geklärt ist.

Die Grünen-Fraktion im Düsseldorfer Landtag hat die Landesregierung bereits gefragt, ob das Unternehmen auf die Antikorruptionsliste des Innenministeriums kommt. Das würde bedeuten, dass Trienekens keine öffentlichen Aufträge mehr bekommt. Vielleicht sinken dann ja auch die Müllgebühren.


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