23.03.2002

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taz

*   Spender wollen keine Spender sein
Von Pascal Beucker und Sebastian Sedlmayr

Das Kölner Klüngelkarussell dreht sich weiter: Die "Danke-schön"-Spender sagen, sie haben kein Geld an die SPD gegeben. Wie ist die Genehmigung der umstrittenen Müllverbrennungsanlage zustande gekommen? Keine europaweite Ausschreibung.

Sie waren edel und großzügig - und sind doch so bescheiden geblieben: die "Danke-schön"-Spender an die Kölner SPD. Der Mannheimer Baukonzern Bilfinger Berger beteuert ebenso wie die Engel Umwelttechnik aus Köln, nicht an den Exspitzengenossen Norbert Rüther gespendet zu haben. Der Ex-Holzmann-Manager Manfred Rohler, mit 50.000 Mark auf der Spenderliste, will "nie mit Herrn Rüther zu tun" gehabt haben und könne "das auch für meine früheren Kollegen ausschließen". Und auch der Müllentsorger Trienekens dementiert, zusätzlich zu den bereits eingeräumten 150.000 Mark im Jahr 1999 bereits ein Jahr zuvor 50.000 Mark lockergemacht zu haben.

Die Zurückhaltung ist verständlich. Denn laut Rüther wurden ihre Zahlungen, ebenso wie die 320.000 Mark des Gummersbacher Anlagebauers Steinmüller, "vermittelt durch Herrn Ulrich Eisermann". Ein unschöner Hinweis, denn der frühere Geschäftsführer der Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (AVG) Köln gilt als eine der Schlüsselfiguren in den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage. Seit Februar sitzt der Sozialdemokrat unter Korruptionsverdacht in Untersuchungshaft.

Insgesamt sollen über 29 Millionen Mark an Schmiergeldern an den Rhein geflossen sein. Vor diesem Hintergrund sind die von ihm angeblich vermittelten 600.000 Mark an die SPD eigentlich nur "Peanuts". Und auch dieses Geld wäre möglicherweise schlecht angelegt gewesen - wenn der damalige Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes das seinerzeitige Ausschreibungsverfahren gestoppt hätte.

Sozialdemokrat Antwerpes schrieb 1993 an die Oberstadtdirektoren seines Bezirks, dass die Richtlinie zur europaweiten Ausschreibung von öffentlichen Aufträgen "jetzt schon anzuwenden" sei. Die Auftragsvergabe für den Bau des Kölner Müllofens erfolgte aber wenig später ohne europaweite Ausschreibung. Antwerpes hatte an dem Verfahren trotzdem nichts zu beanstanden.

Auch Antwerpes' Amtskollege Jürgen Büssow (SPD) setzte die Teilprivatisierung der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG) ohne EU-gemäße Ausschreibung durch. Nach der Genehmigung durch den Düsseldorfer Regierungspräsidenten durfte sich Trienekens mit 49 Prozent in die MEG einkaufen.

Interessant sind die unterschiedlichen Begründungen der Verwaltungschefs: Antwerpes sagt, die EU-Richtlinie sei erst 1996 in Kraft getreten und ergo bei der Auftragsvergabe in Köln 1993 noch nicht wirksam gewesen. Der Exoberstadtdirektor von Köln, Lothar Ruschmeier (SPD), argumentiert: Die Kölner AVG, die die Firma Steinmüller mit dem Bau der Müllverbrennungsanlage beauftragt hatte, sei privatrechtlich organisiert und deshalb von der Pflicht zur europaweiten Ausschreibung zum betreffenden Zeitpunkt ausgenommen gewesen. Ruschmeier war damals Aufsichtsratsvorsitzender der AVG. Dagegen sprach der Düsseldorfer Regierungspräsident Büssow am 31. 8. 2000 bei der Teilprivatisierung der MEG von einem "In-House"-Geschäft. Das heißt, die Stadt habe einen "bestimmenden Einfluss auf die Unternehmenspolitik" gehabt. Daher sei kein Vergabeverfahren notwendig gewesen.

Der Düsseldorfer Regierungspräsident bestreitet vehement, dass er per Aktennotiz festgehalten hätte, Köln sei als Präzedenzfall für Mülheim anzusehen. Büssows Sprecher Bernd Hamacher sagte allerdings, es sei nicht auszuschließen, dass die Behörde sich bei ihrer Entscheidung unter anderem an Köln orientiert habe. Alle drei Verwaltungsbosse scheinen ein großes Interesse an geschlossenen Ausschreibungsverfahren gehabt zu haben.


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