28.03.2002

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taz

*   KOMMENTAR: Vorurteil und Desinteresse
Von Pascal Beucker

Spenden: Die SPD stellt in Nordrhein-Westfalen die falschen Fragen.

Die Sprache ist martialisch. "Gnadenlose Aufklärung" des Kölner Spendenskandals versprach SPD-Landeschef Harald Schartau. Und redete von einem "Krebsgeschwür", das "ausgemerzt" gehöre. Auch Ministerpräsident Wolfgang Clement wollte die Verhältnisse in Köln "mit Stumpf und Stiel ausrotten". Grausame Worte, die Aufklärungsentschlossenheit demonstrieren sollten, jedoch vor allem etwas über die Verfassung der Autoren aussagen. Würden ihnen entsprechende Taten folgen, dürfte es für Hans-Jürgen Wischnewski bald einsam in Köln werden. Er ist der einzige Genosse mit Bekanntheitsgrad in der Domstadt, dessen Name noch nicht im Zusammenhang mit dem Skandal auftauchte.

Augenscheinlich versucht die Partei Zeit zu gewinnen, um für sie überraschende Problemfälle, wie den des Ex-OBs Norbert Burger, "elegant" zu lösen. Das könnte der Grund dafür sein, warum die SPD sich bisher nicht ernsthaft darum bemüht, die brisante "Biciste-Liste" zu erhalten. An der Bedingung jedenfalls, die Exschatzmeister Biciste für die Herausgabe stellt, dürfte es nicht liegen: ein fairer und rechtstaatlicher Umgang mit jedem einzelnen Betroffenen.

Stattdessen nehmen die Parteioberen die öffentliche Diffamierung der Beschuldigten billigend in Kauf - ohne dass bis heute geklärt ist, wer von ihnen sich bewusst an der Geldwäsche beteiligt hat. Darüber hinaus verlangt die SPD auch noch Wohlgefälligkeit. Per Parteiordnungsverfahren geht sie gegen die Landtagsabgeordnete Annelie Kever-Henseler vor, weil sie nicht brav die absurde "Ehrenerklärung" für sich, ihren Ehemann und "übrige Familienangehörige" unterschrieben hat. Kever-Henseler wehrt sich gegen eine Vorverurteilung, sie hat sich auch nicht "ultimativ" vor die Schmude-Kommission zitieren lassen. Schuldig ist sie deswegen noch nicht.

Während gegen die unbotmäßige Landtagsabgeordnete schweres Geschütz aufgefahren wird, zeigt die SPD ein bemerkenswertes Desinteresse für die wirklich spannenden Fragen: Für welche Gegenleistungen zeigten sich die "Danke-schön"-Spender in Köln erkenntlich? Ging es nur um die Müllverbrennungsanlage? Oder auch um andere lukrative Projekte, die ohne Zustimmung der Genossen nicht hätten realisiert werden können - zum Beispiel die teure KölnArena? Und: Sind die Vorgänge tatsächlich "Einzelfälle"? Haben wirklich nur in Köln Sozialdemokraten der Macht des (Schmier-)Geldes nicht widerstehen können? Immerhin: In Köln hatte die SPD in den 90er-Jahren nicht einmal eine absolute Mehrheit. Sie konnte also nicht alleine bestimmen - im Ruhrgebiet dagegen schon.


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