06.05.2002

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taz

*   KOMMENTAR: Lieber Dortmund als Köln
Von Pascal Beucker

Passend zur Meisterfeier hatten die nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten ihre Landesvorstandssitzung nach Dortmund gelegt. Kurz vor Anpfiff erklärten sie noch schnell den Abpfiff ihrer Aufklärung des Kölner Parteispendenskandals, dann eilten Clement & Co. ins Westfalenstadion, um sich im Glanz von Sammer & Co. zu sonnen. Und noch bevor die Titelfeier der Borussen begann, hatte die Landes-SPD schon ihren Generalsekretär mit BVB-Schal und der Botschaft "Auch im Fußball ist NRW Spitze!" ins Internet gestellt.

Schade, dass der 1. FC Köln nicht Meister geworden ist - so ist diese Peinlichkeit der Landes-SPD erspart geblieben. Nicht erspart werden kann ihr allerdings die Frage, wie sie einen Skandal zu den Akten legen will, dessen wichtigste Fragen sie bis heute nicht aufgeklärt hat.

Denn die Frage, wer von den Domstadt-Genossen fingierte Spendenquittungen erhalten hat, ist nur ein - wenn auch pikantes - Detail. Nicht geklärt ist hingegen, wer alles von den illegalen Spenden gewusst hat, die vor allem aus der Baubranche an die SPD geflossen sind. Und wenn es stimmt, dass es bei Unternehmen in den Neunzigerjahren als guter Brauch galt, sich mit "Danke-schön-Leistungen" bei den Kölner Sozialdemokraten für Großaufträge zu bedanken, dann ist es unsinnig, zu behaupten, nur zwei Oberkorrumpels seien eingeweiht gewesen. Entscheidend war nicht, wer später einen Großauftrag bekam, entscheidend war bereits, dass der Rat ein Großvorhaben beschloss. Fraktionsgeschäftsführer Rüther und Schatzmeister Biciste aber waren damals nicht in der Position, solche Projekte durchzusetzen. Auch andere müssen gewusst haben: Auf das grüne Licht folgte das große Geld. Für den Abstieg des 1. FC Köln ist auch nicht der Trainer allein verantwortlich gewesen.

Nach wie vor ist nicht geklärt, für welche Gegenleistungen die Geldgeber tatsächlich spendeten. Denn die in der Spenderliste aufgeführten Daten der Zahlungseingänge belegen, dass nur ein Teil des Geldes als "Dank" für die Beteiligung am Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage gedacht gewesen sein kann. Wenn aber der Kreis der Eingeweihten in Köln tatsächlich sehr klein war, bleibt die Frage, welche autoritären Strukturen es ermöglichten, dass eine Ratsfraktion über Jahrzehnte in blindem Gehorsam den Anweisungen ihrer Führung folgte. Solche Strukturen sind keine Eigenart der Kölner SPD. Genau deswegen stellte sich die Partei diese Frage auch nicht.


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