13.05.2002

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taz

*   Eine schnelle Karriere ins Aus
Von Pascal Beucker

Jamal Karsli, harter Israel-Kritiker, verließ die Grünen und will in die FDP. Die aber möchte ihn nicht haben.

Jamal KarsliNein, auf dem FDP-Parteitag war Jamal Karsli nicht. Auch wenn er gerne bei der Jubelfeier seiner neuen Wunschpartei vorbeigeschaut hätte. Doch Guido Westerwelle soll sich persönlich darum gekümmert haben, dass ihm ein Auftritt Karslis in Mannheim erspart geblieben ist. Noch keinen Monat ist es her, dass der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete seinen Übertritt von den Grünen zur FDP bekannt gab, und schon ist er Persona non grata.

Dabei hatte Karsli eigentlich gehofft, dass die FDP stolz auf ihren Neuzugang sein würde. Denn immerhin ist der gebürtige Syrer, etwas Einmaliges in der parlamentarischen Landschaft: Er ist der einzige deutsche Abgeordnete, der aus einem arabischen Land stammt. So sah sich der Dolmetscher und diplomierte Raumplaner, der seit 1980 in der Bundesrepublik lebt und seit 1985 die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, stets als Mittler zwischen Deutschland und der arabischen Welt. Eine "Brücke zwischen den Kulturen" wollte er bauen und Vorurteile beseitigen. Doch er ist gescheitert - an sich und den Verhältnissen.

Erste Spekulationen über einen möglichen Austritt Karslis aus den Grünen gab es bereits im Herbst vergangenen Jahres. Während er beim Jugoslawienkrieg noch fest an der Seite Joschka Fischers stand, protestierte er nun vehement gegen den Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan.

Schon damals trat Karsli - von den Grünen unbeachtet - gemeinsam mit Jürgen W. Möllemann zum Thema Nahost auf, beispielsweise auf dem Herbsttreffen des Vereins Arabischer Ärzte am 18. November in Bochum.

Der Entfremdungsprozess zur grünen Partei, für die der Muslim erstmals 1995 in den Landtag einzog, beschleunigte sich mit der zunehmenden Gewalt im Nahen Osten. Denn vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts schaffte es Karsli immer weniger, sich ein Verständnis für die Universalität der Menschenrechte zu bewahren. Er maß mit zweierlei Maß.

Karsli schwieg zu den arabischen Despotien im Nahen Osten, ließ sich sogar von Saddam Hussein zu einem "Solidaritätsflug" nach Bagdad einladen und attackierte dafür immer unversöhnlicher Israel. So verkündete er bereits Mitte Dezember 2001: "Israelischer Staatsterror lässt alle Masken fallen." Und immer wieder griff er zu Vergleichen mit Nazideutschland. Israels Politik setzte "auf Terror und Gewalt zur Vernichtung der Palästinenser" und hielte "jedem Vergleich mit anderen Terrorregimen der jüngeren Geschichte stand", erklärte Karsli am 16. Februar in Bonn.

Die grüne Landtagsfraktion schwieg zu den antisemitischen Entgleisungen ihres migrationspolitischen Sprechers. Den klaren Schnitt machte er dann selber - und nun hat die FDP das Problem. Am Mittwoch will die Recklinghäuser FDP über die Aufnahme Karslis in die Partei entscheiden.

Nach seinen Halluzinationen über eine allmächtige "zionistische Lobby" in der rechtsextremen Jungen Freiheit und den heftigen Protesten auch aus den eigenen Reihen, sieht es ganz danach aus, als würde der FDP-Kreisvorstand ebenfalls dankend ablehnen. In der FDP-Landtagsfraktion wird Karsli als dann Parteiloser wohl aber bleiben können - das ist Möllemann seinem Freund schuldig.


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