23.05.2002

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taz

*   Hier Möllemann, da die "politische Klasse"
Von Pascal Beucker

Der FDP-Vize zieht sich aus der Karsli-Affäre, gibt diese Niederlage als Erfolg aus und attackiert unverdrossen Michel Friedman.

Reue? Oder gar die Einsicht, einen Fehler gemacht zu haben? Keine Spur davon bei Jürgen W. Möllemann. Angriffslustig gibt sich der Chef der NRW-FDP und Bundesparteivize auf der eiligst einberufenen Pressekonferenz im Düsseldorfer Landtag: "Es scheinen einige bei unserer politischen Konkurrenz die Hosen so voll zu haben, dass sie überall Braunes sehen."

Dabei hat er eine persönliche Niederlage zu verkünden: Jamal Karsli wird nun doch nicht Mitglied der FDP. Der umstrittene Exgrüne hat seinen Aufnahmeantrag zurückgezogen. "Damit er nicht mehr von anderen gegen die FDP und mich instrumentalisiert werden kann", berichtet Möllemann. Diese Entscheidung ehre Karsli. "Die politische Klasse in Deutschland ehrt die öffentliche Hetzjagd nicht, die den Landtagskollegen zu seinem Schritt geführt hat." Aber Karsli bleibt in Möllemanns FDP-Landtagsfraktion - ein Kompromiss zur Schadensbegrenzung.

Doch das sagt er nicht. Stattdessen bemüht er an diesem Vormittag lieber weiter das Bild von der bösen "politischen Klasse", der er sich tapfer entgegenstellt. Auch als er den Brief Karslis vorliest, in dem dieser seinen Rückzug mitteilt, darf es nicht fehlen: "Die politisch korrekte Klasse demonstriert wiederholt ihre Macht darüber, was man in Deutschland wie öffentlich zu formulieren und wozu man zu schweigen hat."

Dahinter stecke Michel Friedman. Unbeirrt zieht Möllemann auch diesmal gegen den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland zu Felde. Dessen Versuch, ihn in eine antisemitische Ecke zu stellen, weist Möllemann "als beleidigende Unverschämtheit zurück". Und dann bekräftigte er seinen "leider gefestigten Eindruck", der "unerträgliche, aggressiv-arrogante Umgang" Friedmans mit jedem Scharon-Kritiker wecke "antiisraelische und antisemitische Ressentiments". Das seien nur Manöver, um von der verbrecherischen Politik Scharons abzulenken. "Die Menschen im ganzen Volk haben das längst durchschaut." Über 11.000 zustimmende Briefe habe er inzwischen erhalten, verkündet Möllemann.

Im Gegensatz zu ihm, Möllemann, habe die "politische Klasse in Deutschland nichts aus den Ereignissen in anderen Ländern gelernt, was geschieht, wenn sie die Kluft zwischen sich und den Menschen in ihrem Volk immer größer werden lässt". Seine Botschaft: In der Bundesrepublik bedarf es keines Haider, Fini oder Fortuyn - hier gibt es Möllemann. Er jedenfalls werde weiter "als ein freier Demokrat in einem freien Land" für seine Überzeugung kämpfen.


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