Andreas Pinkwart,
Gegenteil eines Populisten, macht Jürgen Möllemann den
FDP-Landesvorsitz in NRW streitig.
Andreas Pinkwart ist
ein gefragter Mann. Die Mailbox seines Handys hat schon vor Tagen
aufgegeben. Nur mühsam kann man zu ihm durchzudringen. Dabei war der
Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Siegen bis
vor kurzem nur wenigen außerhalb der FDP bekannt. Und diejenigen, die
ihn kannten, nahmen keine besondere Notiz von ihm. Seit Montag ist das
anders: Wer ist der Mann, der es wagt, Jürgen W. Möllemann in
Nordrhein-Westfalen vom Thron zu stoßen?
Ein Newcomer ist
Pinkwart nicht. "Ich bin seit 22 Jahren in der Politik",
sagt der 42-Jährige der taz. Sichtlich stolz fügt er hinzu:
"Immer ehrenamtlich." Damit ist es seit dem Wahlsonntag
vorbei: Falls er tatsächlich den Kampf gegen Möllemann am 7. Oktober
auf dem FDP-Sonderparteitag in Wesel gewinnen sollte, wird er die
Landespartei von Berlin aus führen müssen. Als Zehnter auf der
FDP-Landesliste schaffte Pinkwart den Sprung in den Bundestag. Den
kennt er noch aus Bonn: Von 1990 bis 1994 leitete Pinkwart das Büro
des damaligen FDP-Fraktionschefs im Bundestag, Hermann Otto Solms.
Ausgerechnet seinem früheren Chef wird eine der bösartigsten
Charakterisierungen Möllemanns zugeschrieben:
"Quartalsirrer".
Seine Chancen, Möllemann
zu schlagen, schätzt er als "sehr gut" ein. Dazu trägt
nicht zuletzt die starke Hausmacht bei, die hinter dem Vater zweier Töchter
steht. Pinkwart ist seit 1992 Vorsitzender des mitgliederstärksten
FDP-Kreisverbandes in NRW. "An die 1.000 Mitglieder haben wir im
Rhein-Sieg-Kreis", betont er. Angst, im Falles eines Sieges das
gleiche Schicksal zu erleiden wie der letzte Herausforderer Möllemanns,
hat er nicht.
Ende 1994 war es
gewesen, als die NRW-FDP den Münsteraner Politentertainer schon
einmal in die Wüste schickte. Sechzehn Monate durfte sich damals
Joachim Schultz-Tornau über seinen Erfolg per Kampfabstimmung freuen,
dann verschwand er wegen ausbleibender Erfolge in der Versenkung und Möllemann
war wieder da. Pinkwart hat die damaligen Geschehnisse hautnah
miterlebt. Seit 1992 im FDP-Landesvorstand, stieg er mit der
Wiederauferstehung Möllemanns 1996 zu dessen Stellvertreter auf, der
er bis heute ist. "Geschichte wiederholt sich selten und
Vergleiche hinken", sagt Pinkwart. Allerdings weiß er, dass es
nicht leicht wird, denn Möllemanns Hang zum Populismus geht ihm ab,
das könnte Wählerstimmen kosten. "Ein Abziehbild von Möllemann
kann und will ich nicht sein." Pinkwart gilt als analytischer
Mensch, wirkt allerdings rhetorisch unbeholfen und blass.
Zuversichtlich macht ihn jedoch, dass er in seinem Wahlkreis 12,4
Prozent der Zweitstimmen holte, Möllemann schaffte hingegen
"nur" 10,6 Prozent.
Warum er nicht früher
aufbegehrt habe? "Das Überwiegende, was Möllemann gemacht hat,
war positiv", sagt Pinkwart. So tritt er auch nicht wegen
genereller Unstimmigkeiten mit ihm an. Pinkwart kandidiert für den
Vorsitz, weil er glaubt, Möllemanns Alleingänge seien für die
Partei nicht länger hinnehmbar. Und dann ist da noch etwas: Mit der
Antisemitismusdebatte im Frühjahr war für ihn "Schluss mit
lustig". Pinkwart war der Einzige aus der NRW-Führungsriege, der
sich damals öffentlich gegen die Aufnahme des umstrittenen Exgrünen
Jamal Karsli und auch gegen seinen Landeschef stellte.
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