Ulrike Flach will Jürgen
W. Möllemann beerben und FDP-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen
werden.
Lange hat sie sich
bedeckt gehalten. Doch nun kandidiert Ulrike Flach: Die Rücktrittserklärung
Jürgen W. Möllemanns lag noch keine zwei Stunden auf dem Tisch, da kündigte
die 51-Jährige an, dass sie für den Landesvorsitz der
nordrhein-westfälischen FDP antreten wolle. Damit bewerben sich nun
beide bisherigen Partei-Vizes um Möllemanns Erbe.
Das Rennen gilt als
offen: Gegenkandidat Andreas Pinkwart hat zwar mit Köln den größten
FDP-Bezirk hinter sich, die Ruhrgebietlerin Flach hofft jedoch auf die
Unterstützung der anderen Bezirke. Sie will als "Kandidatin der
Mitte" punkten, sagt sie, um so den Landesverband wieder
zusammenzuführen, der nach dem Möllemann-Desaster "tief
zerrissen" sei.
Nein, Flach ist
niemand, die es sich gerne mit jemandem verscherzt. So brach sie spät
- innerparteiliche Kritiker sagen: zu spät - mit Möllemann. Sie
setzte sich erst von ihm ab, als seine Chancen gegen null tendierten,
den Machtkampf gegen Westerwelle noch zu gewinnen.
Es war der 24.
September. Noch am Mittag hatte Flach gegenüber der taz erklärt, es
gebe keine Alternative zu dem großen FDP-Lautsprecher: "Wir können
es uns nicht leisten, Möllemann zu verlieren." Wenige Stunden später
hatte sich ihre Meinung komplett gewandelt: "Das Maß ist
voll", sagte sie nun zur taz und erklärte ihre "volle
Unterstützung" für Möllemann-Herausforderer Pinkwart. Als
Anlass für diesen rasanten Schwenk diente ihr eine Vorabmeldung des Stern,
Möllemann habe Westerwelle als "einfach zu dünn"
bezeichnet.
Doch so eindeutig war
die plötzliche Unterstützung für Pinkwart nun auch wieder nicht.
Hinter den Kulissen fädelte Flach, die seit 1994 dem
FDP-Landesvorstand angehört und seit 1996 stellvertretende
Landesvorsitzende ist, an einer anderen Lösung: Sie könne doch als
Kompromisskandidatin antreten, falls weder Möllemann noch Pinkwart
die Vertrauensabstimmungen überstehen würden.
Sollte Flach auf dem
kommenden FDP-Landesparteitag gewinnen, der wahrscheinlich im November
stattfindet, wird sie den Landesverband von Berlin aus führen müssen.
Denn seit 1998 sitzt sie im Bundestag. Dort ist die 1,62 Meter große
Frau, die gerne fünf Zentimeter größer wäre ("Der Wunsch
bleibt!"),Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung. Außerhalb des Parlaments nicht besonders
bekannt, machte sie sich dort einen Namen als vehemente Verfechterin
der Gentechnik: "In jeder Gesellschaft gibt es Augenblicke, in
denen entschieden werden muss, springen wir in eine neue Technologie
hinein oder riskieren wir, hinter Entwicklungen zurückzufallen."
Auch wenn sie einen für
Liberale legendären Nachnamen trägt: Mit dem ersten
FDP-Generalsekretär Karl-Hermann Flach ist sie nicht verwandt.
Gemeinsam mit dem 1973 verstorbenen linksliberalen Vordenker habe sie
jedoch, so merkt Ulrike Flach an, dass sie ihre Partei nicht naturwüchsig
als Partner der Union sieht. Beinahe stolz verweist sie auf die
Zusammenarbeit zwischen FDP und SPD in ihrer Heimatstadt Mülheim an
der Ruhr, die sie als Kreisvorsitzende mit eingefädelt hat. "Ich
stehe für einen sehr offenen Kurs - offen nach allen Seiten",
sagt die zweifache Mutter, die inzwischen auch schon Großmutter ist
und sich selbst als "Spät-68erin" bezeichnet.
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