16.11.2002

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taz

*   Rexrodt im Zwielicht 
Von Jens König, Patrik Schwarz und Pascal Beucker

Grüner Ströbele wirft FDP-Schatzmeister vor, im Bundestag gelogen zu haben. Dokument soll Beteiligung an kanadischem Panzerdeal belegen.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele erhebt schwere Vorwürfe gegen Günter Rexrodt, den FDP-Schatzmeister und innerparteilichen Chefermittler des Spendenskandals um Ex-FDP-Vize Jürgen Möllemann. Rexrodt soll im Bundestag bei der aktuellen Stunde zum Spendenskandal seiner Partei am Mittwoch die Unwahrheit gesagt haben.

Ausweislich des Sitzungsprotokolls erklärte Ströbele: "Ich weiß, Herr Kollege Rexrodt, dass Sie im Jahre 1995, unter der Regierung Kohl - da waren Sie Minister - mit nach Kanada gefahren sind und sich bei der damaligen Regierung vehement für das Panzerprojekt von Herrn Schreiber, das Bearhead-Projekt, eingesetzt haben." Rexrodt erwiderte: "Ich habe bei dieser Reise nie ein Wort oder eine Bemerkung oder auch nur ein Augenzwinkern darauf verwendet, über dieses Projekt, das Sie ansprechen, in Kanada zu verhandeln."

Ströbele verweist jetzt auf ein Dokument aus Helmut Kohls Kanzleramt, das der taz vorliegt. Mit Datum vom 29. Juni 1995 schreibt der Leiter der Abteilung 4 in einem Vermerk für den Bundeskanzler: "Dr. Rexrodt hat am Rande des G-7-Gipfels in Halifax mit dem kanadischen Wirtschaftsminister das von Thyssen angesprochene Problem (Einhaltung eines fairen Ausschreibungsverfahrens durch Kanada bei der Vergabe eines Großauftrages) erörtert." Der Auftrag wird definiert als "Beschaffung gepanzerter Fahrzeuge" , über den Preis heißt es "Größenordnung: zweistelliger Milliardenbetrag". Die Betreffzeile des Vermerks an Kohl nennt ein Schreiben von Thyssen sowie die "Ihnen übergebene Visitenkarte von Herrn Schreiber, Thyssen".

Der taz sagte Rexrodt auf Anfrage zu seinem Gespräch mit dem kanadischen Kollegen: "Ich kann mich nicht entsinnen, ich habe nicht mal mehr drauf, worum es da ging."

Im Zusammenhang mit der Möllemann-Affäre hat die FDP gestern fristgemäß 873.500 Euro an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse gezahlt. Dies entspricht den mutmaßlich illegalen Spenden für Möllemanns umstrittene Flugblattaktion. Gleichzeitig wurden neue Vorwürfe laut. Wie die taz aus Parlamentskreisen in Düsseldorf erfuhr, soll die NRW-Landtagsfraktion unter Möllemanns Ägide rechtswidrig Mitarbeiter für Partei- und Wahlkampfaufgaben angestellt haben. Möllemann will sich nächste Woche erstmals gegenüber der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft äußern. Der FDP-Bundestagsabgeordnete kündigte eine schriftliche Stellungnahme an.


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