31.01.2002

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taz

*   Verdienter Kämpfer für die rechte Sache
Von Pascal Beucker

Porträt des NPD-Funktionärs und V-Manns Udo Holtmann.

Besser hätten der Verfassungsschutz gar nicht informiert sein können: Immer, wenn die nordrhein-westfälische NPD mal wieder eins ihrer unappetitlichen Pamphlete verbreitete, konnten die Schlapphüte umgehend mit einem druckfrischen Exemplar auf ihrem Schreibtisch rechnen. Schließlich saßen sie an der Quelle: Nicht nur der Auftraggeber, auch noch der Drucker stand auf ihrer Lohnliste – es war ein und derselbe: Udo Karl Adolf Holtmann, 64 Jahre alt, NPD-Landesvorsitzender und Druckereibesitzer.

Seine Offset-Druckerei in der Dülmener Straße in Oberhausen-Osterfeld ist jetzt erst mal geschlossen. Seit Anfang der Woche steht dort an der Tür: „Betriebsferien vom 28. Januar bis zum 15. Februar.“ Vielleicht dauern sie auch noch länger. Denn die NPD wird wohl zukünftig woanders drucken lassen. Am Sonntag beschloss das Präsidium der rechtsextremen Partei, Holtmann mit sofortiger Wirkung seiner Parteiämter zu entheben und aus der Partei auszuschließen.

Dabei hatte gerade NPD-Chef Udo Voigt doch so viel von dem Oberfeldwebel der Reserve gehalten. In „Alles Große steht im Sturm“, einem grotesken Buch zum 35-jährigen NPD-Jubiläum, würdigte Voigt 1999 den verdienten Kameraden als als einen Mann des Wortes und der Tat: „Bereits 1967 übernahm Udo das Amt des Kreisvorsitzenden von Duisburg, wurde 1968 Mitglied des Landesvorstandes NW und übte in dieser ‚Sturm-und-Drang-Zeit’ der noch jungen NPD die Referate Propaganda und OD-Leitung aus.“ Hinter dem Kürzel „OD“ verbirgt sich der „Ordnungsdienst“ der Partei. Holtmann baute die Schlägertruppe mit auf. Er ist auch zunächst mit dabei, als sich ehemalige Ordnungsdienstler in der militanten Geheimorganisation „Europäische Befreiungsfront“ zusammenschließen.

In seinen jungen Jahren Mitherausgeber der „national-neutralistischen“ Zeitschrift Argumente, die dem „Nationalrevolutionär“ Otto Strasser nahe stand, war Holtmann seit 1977 mit einer kurzen Unterbrechung NPD-Bundesvorstandsmitglied, seit 1993 Landeschef in NRW und zudem noch stellvertretender Bundesvorsitzender. Er galt als Integrationsfigur – auch in Richtung des offen nazistischen Spektrums von „Freien Kameradschaften“ und Skinheads. Der bullige Verlagskaufmann verantwortet fast alle NPD-Veröffentlichungen der letzten Jahre in NRW, in denen u.a. gegen „ein System“ agitiert wird, dass sich „der Rassenvermischung und der Auflösung des eigenen Volkes verschrieben“ habe. Darüber hinaus war Holtmann Mitglied der Redaktionsgemeinschaft der landesweiten NPD-Postille Deutsche Zukunft und Herausgeber und Chefredakteur der Deutschen Stimme, der bundesweiten Parteizeitung. Hier lobte er noch im April 1998 die „Männer wie Frauen, Mädchen wie Jungen“, die „bespitzelt und manchmal auseinanderdividiert von Spitzeln des Verfassungsschutzes“ trotzdem treu zur Parteifahne stünden.

In den NPD-Verbotsanträgen dienen auch Aussagen Holtmanns als Beleg für die „kämpferisch-aggressive, gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtete Haltung der NPD“. So habe er vermeintlich „antideutsche“ Aussagen von Politikern als „Völkermord“ bezeichnet und gesagt: „Die Täter dieses Völkermords verdienen die Todesstrafe.“

Unklar ist, seit wann die NPD von der Spitzeltätigkeit ihres Landesfrontmanns wusste. Laut Spiegel soll der Partei bereits seit 1991 bekannt sein, dass Holtmann Kontakte zum Verfassungsschutz unterhielt. Entsprechende Handzettel kursierten seinerzeit in der Partei. Auch Ex-NPD-Chef Günter Deckert behauptet, schon länger informiert gewesen zu sein: Holtmann habe sich ihm am Rande eines Landesparteitages offenbart. Die Partei selber spricht von „jüngeren Informationen, die der NPD vorliegen“, nach denen Holtmann „seit den 70er Jahren“ für den Verfassungsschutz tätig gewesen sein soll.

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