18.04.2002

Startseite
taz

*   Düsseldorf überprüft Köln
Von Pascal Beucker und Frank Überall

Eine „Task Force“ soll landesweit die Genehmigungsverfahren für Müllverbrennungsanlagen überprüfen. Die Kölner SPD-Ratsfraktion bangt unterdessen um weitere spendierfreudige Genossen.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement hat die Bildung eines Untersuchungsstabes zur Korruption in der Abfallwirtschaft angeordnet. Der zehnköpfige „Task Force“-Stab aus Staatsanwaltschaft, Polizei und Bezirksregierung soll Verdachtsmomenten bei der Auftragsvergabe zum Bau von Müllverbrennungsanlagen nachgehen, teilte Clement gestern in Düsseldorf mit.

Nach Angaben des Sozialdemokraten werden bereits die staatlichen Genehmigungsverfahren für die Müllverbrennungsanlagen in Köln, Aachen/Weisweiler, Bielefeld, Bonn, Hamm, Oberhausen, und Wesel von der Innenrevision des Innenministeriums überprüft. Auch die Errichtung kommunaler Unternehmen zur Abfallbeseitigung und Entsorgung würden von der Kommunalaufsicht kontrolliert. Clement betonte, „alles zu tun, um in unserem Land Korruption mit allen rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen“. Die Müll-„Task Force“ soll „umfassend die Vergabeverfahren einschließlich der Vertragsabschlüsse“ überprüfen. Die Überprüfungen sollen möglichst bis zum Jahresende abgeschlossen sein.

Unterdessen hat SPD-Landeschef Harald Schartau und sein Generalsekretär Michael Groschek den Vorstand der Kölner SPD über die Sicht der Landespartei im Spendenskandal informiert. Die Spitzengenossen betonten am Dienstag Abend, dass die eingeleiteten Schiedsverfahren gegen inzwischen 16 Kölner Genossen noch keine Vorverurteilung seien. Es sei durchaus möglich, dass die Verfahren im einen oder anderen Fall mit einem „Freispruch“ endeten.

Darauf will Ratskandidatin Bettina Lob-Preis jedoch nicht mehr warten. Sie gab am Dienstag ihr Parteibuch zurück. „Sucht euch doch andere Dumme, die jahrelang rackern, den Kopf hinhalten und natürlich nie Fehler machen", schreibt Lob-Preis in ihrem Austrittsschreiben. Sie sei von Ex-Schatzmeister Manfred Biciste benutzt und getäuscht worden und habe dies auch vor der Schmude-Kommission begründet. Daher könne sie nicht nachvollziehen, dass gegen sie nun ein Schiedsverfahren eingeleitet worden sei.

Aus Parteikreisen hieß es, nahezu ein Drittel der 29 SPD-Ratsmitglieder sei in Bicistes Schwarzgeldwaschsystem einbezogen gewesen – ob wissend oder unwissend. Nachdem bereits Schiedsverfahren gegen Heinz Lüttgen, Karl-Heinz Schmalzgrüber, Renate Canisius und Christa Becker eingeleitet wurden, sollen auch Alice Gneipelt, Josef Jansen und die stellvertretende Fraktionschefin Dörte Gerstenberg mit der Schmude-Kommission in Verbindung stehen. Lüttgen kündigte gestern an, vorerst alle seine politischen Ämter ruhen zu lassen. An seiner Stelle soll nun Gerstenberg die Fraktion kommissarisch führen – bis die Schmude-Kommission das nächste Mal zuschlägt.


© Pascal Beucker. Alle Rechte an Inhalt, Gestaltung, Fotos liegen beim Autor. Direkte und indirekte Kopien, sowie die Verwendung von Text und Bild nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung des Autors.