Jamal
Karslis Übertritt zur FDP enthebt die grüne Landtagsfraktion der
Pflicht, sich von ihm wegen seiner antisemitischen Tendenzen zu trennen.
Als
einziger deutscher Abgeordneter, der aus einem arabischen Land stammt,
sah sich der gebürtige Syrer Jamal Karsli als Mittler zwischen der
Bundesrepublik und der arabischen Welt, in der er seine Wurzeln verortet.
Eine „Brücke zwischen den Kulturen“ hatte er bauen wollen und
beiderseitige Vorurteile beseitigen. Der von den Grünen jetzt zur FDP
gewechselte Landtagsabgeordnete ist gescheitert – an sich und an den
Verhältnissen.
Denn
vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts schaffte es Karsli nicht mehr, für
sich ein Verständnis von der Universalität der Menschenrechte zu
bewahren. Er maß zunehmend mit zweierlei Maß: Der 45-Jährige schwieg
zu den arabischen Despotien im Nahen Osten, ließ sich sogar von Saddam
Hussein zu einem „Solidaritätsflug“ nach Bagdad einladen. Dafür
attackierte er in immer unerträglicheren Worten Israel. Von
„Rassismus“, „Apartheidpolitik“ und „israelischem
Staatsterror“ war da die Rede und von der „einzigen verbliebenen
Besatzungsmacht der Welt“. Und immer wieder die Vergleiche mit dem
nationalsozialistischen Deutschland: Israels Politik setzte „auf Terror
und Gewalt zur Vernichtung der Palästinenser“ und hielte „jedem
Vergleich mit anderen Terrorregimen der jüngeren Geschichte stand“,
verkündete er auf einer Anti-Israel-Demonstration am 16. Februar in
Bonn. Mitte März bezichtigte er wahrheitswidrig Israel der
„Konzentration Tausender gefangener Palästinenser in großen Lagern,
wo diesen Nummern in die Hand tätowiert werden“. Die Überschrift der
Erklärung: „Israelische Armee wendet Nazi-Methoden an!“ Das American
Jewish Committee in Berlin hatte ihm daraufhin vorgeworfen, seine
Argumentation relativiere nicht nur die deutschen Verbrechen, sondern
erkläre auch noch die Opfer zu Tätern.
Karslis
Austrittserklärung ist hier ein konsequenter Schlusspunkt. In ihr fragt
der Recklinghäuser, ob für Israel nicht mehr die Argumente gelten würden,
„die Joschka Fischer für die deutsche Beteiligung an dem militärischen
Einsatz in den Balkanländern gebracht hat“. Wer weiß, dass Karsli –
im Gegensatz zu dem von ihm abgelehnten Eingreifen gegen die moslemischen
Taliban und Al-Quaida in Afghanistan – vehement den Krieg gegen
Jugoslawien unterstützte, der weiß, was mit dieser rhetorischen Frage
gemeint ist: Karsli fordert zum Krieg gegen den jüdischen Staat auf.
Schon auf der Bonner Demonstration hatte er erklärt: „Wenn man
bedenkt, für welche vergleichsweise bedeutungslosen Taten andere Länder
mit menschenrechtlich begründeter Militärgewalt des Westens rechnen müssen,
bleibt einem unvoreingenommenen Beobachter nur Kopfschütteln für die
verlogene Position westlicher Regierungen.“
Und
die Grünen? Zu keiner einzigen öffentlichen Distanzierung ließen sie
sich hinreißen – in der fatalen Hoffnung, es werde schon keiner
merken, was der skurrile Hinterbänkler, der auch schon mal bei der
islamistischen Milli Görüs auftrat, eigentlich treibt. So weigerte sich
die Pressestelle der Landtagsfraktion,
Karslis Elaborate zu verschicken – das ließ er dann von seinem
Mitarbeiter machen. Immerhin, wenn auch vergeblich, versuchte die Partei-
und Fraktionsspitze der NRW-Grünen hinter den Kulissen, Karsli von
seinem Amoklauf abzubringen. Besser wäre es allerdings gewesen, die
Partei hätte einen klaren Schnitt gemacht und offen gesagt: Jemand der
antisemitische Tendenzen befördert, gehört nicht mehr zu uns. Jetzt hat
er den Schnitt gemacht. Bei Möllemann, dem deutschen Lobbyisten
arabischer Diktaturen, ist Karsli gut aufgehoben.
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