02.05.2002

Startseite
taz

*   Ehrenwerte Gesellschaft beleidigt
Von Pascal Beucker und Frank Überall

Auch Grünen-Prominenz ist verärgert über grüne Plakataktion gegen den kölschen Klüngel.

Die Kölner Grünen wollen sich nicht einschüchtern lassen. Ihre Plakataktion „Wem gehört die Stadt?“ gegen den kölschen Klüngel wird trotz prominenter Kritik fortgesetzt.

Das umstrittene Plakat zeigt Kölns ehrenwerte Gesellschaft: den Verleger Alfred Neven DuMont und den Bankier Alfred Freiherr von Oppenheim, den Ex-Regierungspräsidenten Franz-Josef Antwerpes und den Ex-Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier, den Schokoladenfabrikanten Hans Imhoff und den CDU-Fraktionschef Rolf Bietmann – und ebenso die beiden SPD-Korrumpels Klaus Heugel und Norbert Rüther. Die meisten der Abgebildeten sind seit langem Duzfreunde – auf ein gemeinsames Poster wollen sie jedoch seit dem Kölner Müll- und Spendenskandal nicht mehr.

Freiherr von Oppenheim, Aufsichtsratsvorsitzender des gleichnamigen Bankhauses, und sein persönlich haftender Gesellschafter Matthias Graf von Krockow, der IHK-Vizepräsident Dirk Malmedé sowie die Geschäftsführung des DuMont Schauberg Verlages, ließen die Grünen per Post ihren Unmut spüren. Er fühle sich und seine Familie „in die Nähe eine Betrügers“ gebracht und „perfide beleidigt“, beschwerte sich Oppenheim.

Gegenwind gab es nach einem taz-Bericht über das Poster in der vergangenen Woche auch postwendend von der Kölner Stadtverwaltung: Weil die Grünen so viele Monate vor der Wahl noch keine Wahlwerbung machen dürften, wurden die Plakate aus dem öffentlichen Raum entfernt.

Trotz aller Widrigkeiten will die Partei das Plakat nicht zurück ziehen. Ganz im Gegenteil: „Das Plakat ist ein Anstoß zur öffentlichen Diskussion und somit auch ein Beitrag zum Kölner Leitbildprozess“, so die grüne Kreisverbandssprecherin Csilla Imre. Bei städtischen Entscheidungen müsse mehr Transparenz gelten: „Die ausgetretenen und rufschädigenden Pfade von Klüngel und Postenschacher müssen verlassen werden.“

Ärger bekommen die Kölner Grünen allerdings auch aus den eigenen Reihen: von ihren Mandatsträgern im Land und Bund. So sollen sich nach einem Bericht des Kölner Stadt-Anzeiger der stellvertretende Ministerpräsident Michael Vesper sowie die Bundestagsabgeordneten Kerstin Müller und Volker Beck von der Plakataktion ihrer Parteifreunde distanziert haben. Laut dem DuMont-Blatt wollen die drei zusammen mit der Kölner Landtagsvizepräsidentin Edith Müller „ihr Befremden“ über das Plakat auch noch in einem Brief dokumentieren.

Der taz erklärte Edith Müller allerdings, sie gehöre nicht zu den grünen Briefschreibern. Da sie im Gegensatz zu den drei anderen nicht von Neven DuMont persönlich angeschrieben worden sei, werde sie ihm auch nicht schriftlich antworten, so Edith Müller. Gleichwohl teilt sie die Kritik von Kerstin Müller, Vesper und Beck: „Ich finde, das Plakat ist nicht in Ordnung.“

Der Vize-Fraktionschef der Kölner Ratsgrünen, Jörg Frank, äußerte sich gegenüber der taz „enttäuscht“ über die Distanzierung der Parteiprominenz: „Wenn die das machen wollen, ist das nicht gut für sie. Sie wenden sich damit gegen die Meinung der Kölner Partei und Fraktion.“ Einstimmig hätten die Vorstände beschlossen, an dem umstrittenen Plakat fest zu halten. „Wir wollen uns eben mit dem Akteuren des kölschen Klüngels auseinander setzen“, sagte Frank. Man habe den Betroffenen einen Dialog angeboten – auf Wunsch öffentlich oder hinter verschlossenen Türen.

Die verdeckten Machtverhältnisse in den letzten 20 Jahren müssten endlich transparent und öffentlich gemacht werden, forderte Frank. Mit Diffamierung habe das nichts zu tun. „Dass alle Akteure auf diesem Plakat eng mit der Kölner Politik verwoben sind, wird doch keiner ernsthaft abstreiten“, betonte der Kommunalpolitiker. Immerhin habe Oppenheim unter anderem mit der KölnArena und dem GAG-Aktienverkauf an der Stadt verdient. DuMont habe sein Presse- und Meinungsmonopol – unter anderem bei der Diskussion um „KölnTicket“ – dazu gebraucht, sich aktiv in politische Entscheidungen einzumischen.


© Pascal Beucker. Alle Rechte an Inhalt, Gestaltung, Fotos liegen beim Autor. Direkte und indirekte Kopien, sowie die Verwendung von Text und Bild nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung des Autors.