Am
22. Mai wollen sich Partei und Fraktion aus dem Spendensumpf ziehen. Die
Wahl von Martin Börschel zum neuen SPD-Fraktionschef gilt als sicher.
Wenn
sich die Kölner SPD am kommenden Mittwoch im Bezirksrathaus Chorweiler
zu ihrem Parteitag trifft, wollen die gebeutelten Genossen demonstrativ
nach vorne schauen. "Das wird zumindest ein vorläufiger Abschluss
der bisherigen Affäre", hofft der Kölner SPD-Chef Jochen Ott im
Gespräch mit der taz.
Gewagte
Worte, denn das jetzt bekannt gewordene 24-seitige Vernehmungsprotokoll
des Ex-SPD-Fraktionschefs Norbert Rüther bringt die Partei erneut kräftig
in die Bredouille: Nicht nur 14 Spenden von neun Unternehmen, sondern 30
bis 35 so genannte "Danke-schön-Spenden" habe er empfangen,
gab Rüther der Staatsanwaltschaft zu Protokoll. Damit dürfte auch die
Summe, die über ihn zur SPD geflossen ist, weit höher als die bereits
bekannten 830.000 Mark sein. Einen Teil der illegalen Spenden waren
"Danksagungen" im Zusammenhang mit der Müllverbrennungsanlage
- doch wofür gab es den Rest? Und: Wo ist das Geld geblieben? Bisher ist
nur der Verbleib von 510.000 Mark rekonstruiert.
Dann
gibt es da noch ein Problem: das Schwarzkassen-System der Fraktion,
verteilt auf Festgelder, Inhaber-Schuldverschreibungen, ein Spar- und ein
Girokonto. Dieses "Sondervermögen" soll zwischen 600.000 und
700.000 Mark umfasst haben. Nach Gutdünken wurde davon Geld in bar
entnommen - und verschwand. So sehr sich ein von der SPD angeheuerter
Wirtschaftsprüfer auch bemüht hat, für wohl mehrere Zehntausend Mark
ließ sich kein Verwendungsnachweis mehr finden. Wo ist das Geld
geblieben - und wer wusste von dem System? Trotz gegenteiliger
Bekundungen ist immer noch vieles nicht aufgeklärt.
Trotzdem gibt sich Ott
optimistisch: "Wir wollen einen klaren Blick nach vorn werfen und
daran arbeiten, wieder politikfähig zu werden." Nach fast
dreimonatiger Abwesenheit melde sich die SPD in Köln wieder zurück. So
will denn auch die Ratsfraktion wenige Stunden vor dem Parteitag die
ersten Weichen für einen Neuanfang stellen. Es gilt inzwischen als
sicher, dass der 28-jährige Parteikassierer Martin Börschel den
Chefsessel erklimmt. Zur Zeit verhandelt er zwar noch über "seine
Bedingungen", doch wenn er antritt, ist ihm eine Mehrheit sicher.
Ungeklärt ist hingegen noch das politische Schicksal der angeschlagenen
Fraktionsgeschäftsführerin Marlis Herterich. Und noch weitere Wahlen
stehen an: Denn nachdem die Kölner Genossen am 7. März unter dem lähmenden
Eindruck des Rüther-Rücktritts ihren Parteitag hatten ausfallen lassen,
zwingt die Bundes-SPD sie nun, neue Delegierte für die übergeordneten
Gremien zu wählen. Auch hier wird ein Generationswechsel erwartet. |