Fritz Schramma im
taz-Gespräch: Die Großprojekte vom Rheinauhafen bis zur Domplatte will
er innerhalb seiner Amtszeit durchziehen. Nord-Süd-Fahrt und Klüngel-Image
machen noch Probleme.
Der Kölner Oberbürgermeister
ist ein gefragter Mann. Er bitte, die Verzögerung zu entschuldigen, sagt
einer seiner Mitarbeiter. Gerade würde noch eine Bürgerinitiative Fritz
Schramma Überschriften überreichen, „gegen irgendetwas, ich habe
keine Ahnung“. Und die sei nun leider schon länger als geplant im geräumigen
Büro im Historischen Rathaus. Der Mitarbeiter schaut besorgt. Schrammas
Terminplan ist eng kalkuliert. Kommt er nun durcheinander? Doch die Verspätung
hält sich in Grenzen. Nur zehn Minuten später als vorgesehen, öffnen
sich die Türen zu Schrammas Refugium. Ein gut gelauntes und unverschämt
sonnengebräuntes Stadtoberhaupt empfängt die taz köln.
Anlass des Gespräches ist
der Kölner Leitbild-Prozess, dessen Auftaktveranstaltung Schramma am
Freitag in der KölnMesse eröffnen wird (siehe Interview). Doch
der der 54-Jährige weiß, dass er nicht umhin kommt, auch zu den aktuell
brennenden Fragen der Stadt Stellung zu beziehen.
Beispiel Großprojekte: Seine Amtszeit dauere bis zum Ende des Jahrzehnts
und bis dahin wolle er alle Projekte aus seinem Wahlprogramm erledigt
haben – allerdings könnte manches länger dauern als geplant.
Beispielsweise die Nord-Süd-Fahrt: Wenn festgestellt würde, dass die
abschnittsweise Tieferlegung technisch und finanziell unsinnig sei, müsse
überlegt werden, ob das Projekt nicht noch zwei, drei Jahre auf Eis
gelegt und danach aus einem Guss gemacht werden sollte. „Die Planung
gebe ich langfristig nicht auf, aber es kann sein, dass es eine zeitliche
Verschiebung gibt“, so Schramma. „Das hängt auch mit der Haltung des
WDR zusammen.“
Beispiel Privatisierung:
„Einen wilden Privatisierungsrundumschlag machen wir nicht mit“,
betont Schramma. So beteuert der Christdemokrat, dass die Kliniken trotz
des Drucks aus der eigenen Fraktion und der FDP – Schramma: „Sie
haben gesehen, dass da Leute vorpreschen“ – unter städtischem
Einfluss bleiben sollten. Auch beim Müll will er sich nicht länger von
den „Großkopferten“ abhängig machen. „Wohin die Abhängigkeit von
einem Unternehmen führt, hat uns der Skandal um die Müllverbrennungsanlage
gezeigt.“ Auch er habe damals als Ratsmitglied dafür gestimmt.
„Hinterher ist man schlauer“, sagt er heute. Jetzt strebt er eine
„großräumige Lösung“ zusammen mit Nachbarstädten wie Bonn an.
„Meine Ziele sind möglichst niedrige Gebühren, guter Service, dass
wir ökologisch verantwortlich handeln und von Bring- auf Holsystem
umstellen.“
Beispiel Klüngel: Den
gebe es in allen Bereichen, „und zwar in dem Sinne, dass Entscheidungen
auf eine unkonventionelle Art getroffen werden“, gibt sich Schramma
offenherzig. Um schnell hinzuzufügen: „Das heißt aber niemals,
Entscheidungen zum persönlichen Vorteil zu treffen.“ So hätte er sich
„damals sicher nicht privat mit Müllgeldern vollgestopft. Das würde
ich heute auch nicht tun.“ Nun strebt er einen Ehrenkodex für
Ratsmitglieder an. „Das werde ich auch ausformulieren“, verspricht
der Ex-Lateinlehrer.
Ob es ihn nicht belaste,
dass Köln zur Zeit vor allem als Korruptionsmetropole Schlagzeilen
macht? Nein, trotz Müllskandal und SPD-Spendenaffäre gibt sich Schramma
optimistisch: „Ich mache mein Amt, weil ich diese Stadt liebe und
mitgestalten will.“ Sein Mitarbeiter schaut wieder beunruhigt auf die
Uhr. Die Zeit ist um. Der nächste Gast wartet vor der Tür: der
Landeskorrespondent der FAZ. Der Kölner Oberbürgermeister ist ein
gefragter Mann.
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