23.05.2002

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*   "Weil ich diese Stadt liebe"
Von Pascal Beucker, Sebastian Sedlmayr und Frank Überall

Fritz Schramma im taz-Gespräch: Die Großprojekte vom Rheinauhafen bis zur Domplatte will er innerhalb seiner Amtszeit durchziehen. Nord-Süd-Fahrt und Klüngel-Image machen noch Probleme.

Fritz Schramma (CDU)Der Kölner Oberbürgermeister ist ein gefragter Mann. Er bitte, die Verzögerung zu entschuldigen, sagt einer seiner Mitarbeiter. Gerade würde noch eine Bürgerinitiative Fritz Schramma Überschriften überreichen, „gegen irgendetwas, ich habe keine Ahnung“. Und die sei nun leider schon länger als geplant im geräumigen Büro im Historischen Rathaus. Der Mitarbeiter schaut besorgt. Schrammas Terminplan ist eng kalkuliert. Kommt er nun durcheinander? Doch die Verspätung hält sich in Grenzen. Nur zehn Minuten später als vorgesehen, öffnen sich die Türen zu Schrammas Refugium. Ein gut gelauntes und unverschämt sonnengebräuntes Stadtoberhaupt empfängt die taz köln.

Anlass des Gespräches ist der Kölner Leitbild-Prozess, dessen Auftaktveranstaltung Schramma am Freitag in der KölnMesse eröffnen wird (siehe Interview). Doch der der 54-Jährige weiß, dass er nicht umhin kommt, auch zu den aktuell brennenden Fragen der Stadt Stellung zu beziehen.

Beispiel Großprojekte: Seine Amtszeit dauere bis zum Ende des Jahrzehnts und bis dahin wolle er alle Projekte aus seinem Wahlprogramm erledigt haben – allerdings könnte manches länger dauern als geplant. Beispielsweise die Nord-Süd-Fahrt: Wenn festgestellt würde, dass die abschnittsweise Tieferlegung technisch und finanziell unsinnig sei, müsse überlegt werden, ob das Projekt nicht noch zwei, drei Jahre auf Eis gelegt und danach aus einem Guss gemacht werden sollte. „Die Planung gebe ich langfristig nicht auf, aber es kann sein, dass es eine zeitliche Verschiebung gibt“, so Schramma. „Das hängt auch mit der Haltung des WDR zusammen.“

Beispiel Privatisierung: „Einen wilden Privatisierungsrundumschlag machen wir nicht mit“, betont Schramma. So beteuert der Christdemokrat, dass die Kliniken trotz des Drucks aus der eigenen Fraktion und der FDP – Schramma: „Sie haben gesehen, dass da Leute vorpreschen“ – unter städtischem Einfluss bleiben sollten. Auch beim Müll will er sich nicht länger von den „Großkopferten“ abhängig machen. „Wohin die Abhängigkeit von einem Unternehmen führt, hat uns der Skandal um die Müllverbrennungsanlage gezeigt.“ Auch er habe damals als Ratsmitglied dafür gestimmt. „Hinterher ist man schlauer“, sagt er heute. Jetzt strebt er eine „großräumige Lösung“ zusammen mit Nachbarstädten wie Bonn an. „Meine Ziele sind möglichst niedrige Gebühren, guter Service, dass wir ökologisch verantwortlich handeln und von Bring- auf Holsystem umstellen.“

Beispiel Klüngel: Den gebe es in allen Bereichen, „und zwar in dem Sinne, dass Entscheidungen auf eine unkonventionelle Art getroffen werden“, gibt sich Schramma offenherzig. Um schnell hinzuzufügen: „Das heißt aber niemals, Entscheidungen zum persönlichen Vorteil zu treffen.“ So hätte er sich „damals sicher nicht privat mit Müllgeldern vollgestopft. Das würde ich heute auch nicht tun.“ Nun strebt er einen Ehrenkodex für Ratsmitglieder an. „Das werde ich auch ausformulieren“, verspricht der Ex-Lateinlehrer.

Ob es ihn nicht belaste, dass Köln zur Zeit vor allem als Korruptionsmetropole Schlagzeilen macht? Nein, trotz Müllskandal und SPD-Spendenaffäre gibt sich Schramma optimistisch: „Ich mache mein Amt, weil ich diese Stadt liebe und mitgestalten will.“ Sein Mitarbeiter schaut wieder beunruhigt auf die Uhr. Die Zeit ist um. Der nächste Gast wartet vor der Tür: der Landeskorrespondent der FAZ. Der Kölner Oberbürgermeister ist ein gefragter Mann.


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