19.09.2002

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*   Der Hoffnungsfrohe
Von Pascal Beucker

Martin Dörmann hat den Spendenskandal seiner Partei weitgehend abgehakt, glaubt wieder an das Direktmandat in den Bundestag und ist inzwischen von Rot-Grün überzeugt.

Martin Dörmann (SPD)Martin Dörmann kommt eine Viertelstunde  zu spät. Nein, nicht ein Wahlkampftermin habe ihn aufgehalten, sondern ein Mandant, entschuldigt er sich. Denn Dörmann ist Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht – und bis zum Wochenende praktiziert er trotz Wahlkampfs seinen Beruf auch noch. Nach dem 22. September wird das jedoch wohl erst mal vorbei sein.

Zweifel? Martin Dörmann hat keine, fast keine. Die Wahrscheinlichkeit, dass er das Direktmandat im Wahlkreis Porz, Kalk, Deutz und nördliche Innenstadt holt, läge „gefühlsmäßig“ bei 99 Prozent, sagt der 40-Jährige und strahlt dabei übers ganze Gesicht. Ja, sogar in Köln können Sozialdemokraten wieder lachen.

Vor ein paar Monaten war das noch anders. Dörmanns Miene verfinstert sich, als die Sprache auf „diese Geschichte, die wir dieses Jahr hatten“, kommt: den Spendenskandal. Was in jenen Tagen im März ans Licht kam, hätte auch für ihn persönlich ein Debakel werden können: Auf der SPD-Landesliste auf einem aussichtslosen Platz, ist das Direktmandat seine einzige Chance, in den Bundestag einzuziehen. Die sah Dörmann damals schon schwinden  – ohne, dass er sich etwas zu Schulden hätte kommen lassen. Nein, ans Aufgeben habe er trotzdem nie gedacht: „Man muss auch Tiefen wegstecken.“

Viel Zeit zum Grübeln blieb ihm ohnehin nicht. Eine Krisensitzung jagte seinerzeit die andere, und als stellvertretender Vorsitzender der Kölner SPD war er immer dabei. „Das lief für mich wie in einem Film“, so Dörmann heute. Sehr schnell sei er sich mit Parteichef Jochen Ott und dem heutigen Fraktionsvorsitzenden Martin Börschel einig gewesen: „Vom ersten Tag alles offen legen – das war die einzige Möglichkeit, die wir hatten.“ Und sie hätten gewusst: Die Kölner SPD braucht einen Neuanfang – jenseits der alten Flügel und alten Seilschaften.

Inzwischen hat Dörmann, der im rechten Flügel groß wurde, den Spendenskandal weitgehend abgehakt. An den Infoständen sei er darauf „kein einziges Mal negativ angesprochen worden“. Die Menschen könnten einfach zwischen Kommunal- und Bundespolitik unterscheiden: „Die wissen, dass es jetzt um die Alternative Schröder oder Stoiber geht.“ Und ihm gehe es auch, so fügt er hinzu, um Rot-Grün. „Das ist für mich das Wunschergebnis.“ Früher habe er sich „auch Rot-Gelb vorstellen können“, gibt er zu. Doch die Grünen hätten ihn in der Koalition überzeugt. „Das hat gut harmoniert und ich will, dass das bleibt.“


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