31.10.2002

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taz

*   Wählerdaten abgestürzt
Von Pascal Beucker und Frank Überall

Bezirksregierung fordert von der Stadt, die Herausgabe von Daten künftig strenger zu kontrollieren. Landesdatenschutzbeauftragte prüft immer noch Verstoß der Kölner CDU gegen den Datenschutz.

Die Kölner CDU-Datenaffäre wird immer dubioser. Nachdem die Stadtverwaltung inzwischen einräumen musste, dass sie illegalerweise die Meldedaten aller Kölner Wahlberechtigten an die Christdemokraten herausgegeben hat, kommen sowohl die CDU-Größen als auch die Stadt-Oberen in Erklärungsnöte. Immer noch ermittelt die Landesdatenschutzbeauftragte Bettina Sokol, nun beschäftigt sich auch die Bezirksregierung mit dem Fall.

Eine Sprecherin der Bezirksregierung sagte der taz, man habe die Stadt aufgefordert, die Herausgabe von Daten künftig strenger zu kontrollieren. Das Interesse der Aufsichtsbehörde erregt zudem ein Formular, auf dem der Kölner CDU-Geschäftsführer Max Motek "angekreuzt" haben will, welche Meldedaten er gerne hätte: alle. Falls es ein solches Papier wirklich gebe, wollten es die Kontrolleure bei der Bezirksregierung gerne einmal sehen, meinte die Sprecherin.

Der Hintergrund: Zur Bundestagswahl erhielt die Kölner CDU vom Einwohnermeldeamt die Daten aller Kölnerinnen und Kölner ab 16 Jahren - quasi ein komplettes Wählerverzeichnis. Das darf Parteien jedoch gemäß dem geltenden Meldegesetz nicht zur Verfügung gestellt werden. Doch nicht nur das: Die CDU gab das Material weiter an das Bonner Marktforschungsinstitut dimap. Das bereitete es mit weiteren sozio-demographischen Daten auf und stellte der Partei eine CD-Rom zur Verfügung, mit der sich nun die Wahlkämpfer individuelle "Chancen" zugunsten der CDU ausrechnen lassen konnten.

Die Landesdatenschutzbeauftragte prüft nun bereits seit Wochen den Vorgang. Falls dimap die Dateien aus dem Melderegister mit personenbezogenen Daten angereichert habe, verstoße das gegen den Datenschutz, sagte die Sprecherin der Behörde, Bettina Gayk. Allerdings warte die Behörde immer noch auf letzte Informationen von dimap und der CDU, um den Fall endgültig bewerten zu können. Gayk kündigte an, die Behörde wolle auch die vorherigen Wahlen der vergangenen fünf Jahre überprüfen.

Der Kölner CDU-Parteichef Richard Blömer weist unterdessen weiter den Vorwurf des bewussten Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz durch seine Partei zurück. Die CDU habe nur das Angebot des als seriös geltenden Instituts zur Aufbereitung der Daten genutzt, um eine "zielgruppengenaue Ansprache" zu ermöglichen. Blömer räumte jedoch ein, bisher davon ausgegangen zu sein, dass man nur die Daten der Jungwähler und der Senioren erhalten habe. Dass der CDU-Kreisgeschäftsführer auf dem Formular "einfach alle Einzelgruppierungen angekreuzt und auch erhalten hat", wisse er erst seit kurzem, sagte Blömer dem Kölner Stadt-Anzeiger.

Im Stadtrat wollen SPD-Vertreter jetzt wissen, wie es zu dem peinlichen Fehler bei der Verwaltung kommen konnte. Immerhin gelte die Vorschrift, dass nur Daten einzelner Bevölkerungsgruppen an die Parteien herausgegeben werden dürften, schon seit etlichen Jahren. Konsequenzen für die beteiligten Mitarbeiter und Vorgesetzten müssten geprüft werden, hieß es aus der Fraktion.


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