14.11.2002

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*   CDU-Big Brother beschäftigt Stadt und Land
Von Pascal Beucker und Frank Überall

Kölns CDU-Chef korrigiert Aussage: Wählerdaten wurden gezielt abgefordert. Aber: "Stadt hätte ja ablehnen können."

Die Kölner CDU-Datenaffäre beschäftigt heute die parlamentarischen Gremien. In der Sitzung des Stadtrates will die SPD wissen, warum die Verwaltung rechtswidrig de facto das gesamte Verzeichnis Wahlberechtigter an die CDU gegeben hat. Und auch im fernen Düsseldorf steht die Datenaffäre am heutigen Donnerstag auf der Tagesordnung: Der Innenausschuss des Landtages beschäftigt sich mit einem Antrag der Grünen zur Aufklärung der Hintergründe des dubiosen Datendeals.

Die Kölner CDU hatte wählerbezogene Daten mit einem Softwareprogramm verarbeiten lassen. Mit Hilfe des vom Bonner Marktforschungsinstitut dimap entwickelten Programms konnten sich die christdemokratischen Wahlkämpfer Profile - inklusive individueller "Wahlchance" zugunsten der CDU - nach Kriterien wie sozialem Status, Ausbildung, Familiensituation und Pkw-Klasse für Hausbesuche und Telefonaktionen erstellen lassen.

Kölns CDU-Chef Richard Blömer stellte auf taz-Anfrage klar, dass die ursprüngliche Verteidigung der Partei nicht ganz stimmte. Der CDU-Geschäftsführer habe "alle Optionen auf einem Formular angekreuzt", war die offizielle Begründung der wundersamen Datenflut aus dem städtischen Melderegister. Nun räumte Blömer ein, es habe doch ein offizielles CDU-Schreiben an die Stadt gegeben. "Die hätten das ja ablehnen können", meint er. Die Bezirksregierung hat als kommunale Aufsichtsbehörde bereits mit Prüfungen in der Datenaffäre begonnen.


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