28.11.2002

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taz

*   Ausgerechnet Möllemann
Von Pascal Beucker

Die Waldschule Kinderhaus in Münster trägt den Titel "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage". Nun hat sie Probleme mit der Courage: Wie soll sie sich gegenüber ihrem "Paten" verhalten?

Es war eine schöne Feier. Sichtlich stolz versprach Schulleiterin Jutta Brambring: "Wir werden nun ohne Ermüdungserscheinungen für unsere Werte gerade stehen und dürfen auf keinen Fall den Kopf einziehen." Und Schüler wie Lehrer klatschten euphorisch Beifall. Sie hatten allen Grund zur Freude: Als erste Schule in Münster und Umgebung wurde ihre, die Waldschule Kinderhaus, an jenem 30. Januar diesen Jahres mit dem Titel "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" ausgezeichnet.

Den Titel erlangte die idyllisch gelegene Ganztagsschule, nachdem sich über 70 Prozent aller Schulangehörigen - Schüler, aber auch Lehrer und andere Schulbedienstete - durch ihre Unterschrift dazu verpflichtet hatten, sich langfristig mit Aktionen und Projekten gegen Gewalt, Diskriminierung und Rassismus zu engagieren.

Diese Verpflichtung steht nun vor ihrer ersten ernsten Bewährungsprobe. Denn zu der Titelverleihung gehört auch, dass sich die Schüler im Vorfeld einen prominenten Schirmherrn suchen, der die Patenschaft über die Schule übernimmt. Die Waldschüler wurden schnell fündig: Jürgen W. Möllemann. Zur Begeisterung der Kids mit drei dunkelhäutigen Spielern von Schalke 04 im Schlepptau, tönte er auf dem Festakt im Januar: "Schöne Reden von Politikern nützen nichts. Wenn wir's nicht von unten machen, ändert sich nichts." Das war allerdings vor der von ihm ausgelösten Antisemitismusdebatte.

Seit Möllemanns antisemitisch gefärbten Wahlkampfaktivitäten hat der Verein AktionCourage, der den Titel verleiht und zu dessen Unterstützern auch Michel Friedman gehört, ein Problem damit, dass ausgerechnet Möllemann weiterhin Pate einer sich antirassistisch verstehenden Schule sein soll. "Möllemann ist für uns auf Grund seiner wiederholten Ausfälle gegenüber Repräsentanten der jüdischen Gemeinde in Deutschland als Pate einer Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage nicht weiter tragbar", so Projektleiterin Sanem Kleff.

Doch in der Waldschule tut man sich offensichtlich schwer mit der Courage, wenn es um den prominenten Münsteraner geht. Ohne auch nur mit einem Wort auf den Vorwurf des Antisemitismus gegen ihren "Paten" einzugehen, teilte die Schule dem AktionCourage mit, ein Gespräch über dessen Patenschaft halte sie für "verfrüht". Denn für problematisch hält sie anscheinend nur die "mögliche Verstrickung Möllemanns in eine kriminelle Spendenaffäre". Da diese Affäre jedoch "ein noch schwebendes Verfahren ist, haben Schülerrat und Lehrerkonferenz beschlossen, eine endgültige Entscheidung über die Patenschaft Möllemanns an unserer Schule zu treffen, wenn das Verfahren abgeschlossen ist."

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