21.05.2003

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Jungle World

*   Rückwärts und vergessen
Von Pascal Beucker

Bisky wird Vorsitzender der PDS.

Nachdem Gabi Zimmer den Weg frei gemacht hat, soll nun also ihr Vorgänger im Amt des Parteivorsitzenden, Lothar Bisky, die PDS wieder zur Sonne, zur Freiheit und dem Morgenrot entgegen führen. Und vielleicht ist auch Gregor Gysi demnächst wieder dabei. Für eine Kandidatur bei der Bundestagswahl 2006 mache er »die Tür nicht ganz zu«, verriet er dem Neuen Deutschland. Demokratische Sozialisten in einer Neuverfilmung von »Zurück in die Zukunft«: Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sie damit so viel Erfolg haben wie Robert Zemeckis’ Kassenschlager.

Karl Marx schrieb einst, bestimmte Abläufe ereigneten sich stets zweimal: Das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce. Das könnte auch in diesem Fall wieder zutreffen. »Ein Kurswechsel in Richtung sozialistischer Fundamentalismus ist mit mir nicht zu machen«, sagte Bisky in der vergangenen Woche. Das erinnert an frühere Auseinandersetzungen in der grünen Partei. Sind auch aus den »Realpolitikern« inzwischen »Reformer« geworden, ist doch die Beschreibung ihrer innerparteilichen Gegner als »Fundamentalisten« gleich geblieben.

Die Grünen entledigten sich auf ihrem ersten Parteitag nach der verlorenen Wahl von 1990 endgültig dieser Störenfriede. Nach dem Betriebsunfall von Gera wird ähnliches in der PDS nun im zweiten Anlauf auf dem Sonderparteitag Ende Juni geschehen. Vielleicht werden ja Diether Dehm und Uwe Hiksch zum Abschied wie weiland Jutta Ditfurth und ihre Freunde in Neumünster mit Wasserpistolen spritzen. Es würde zu ihnen passen.

Die Zeit für Dehm und Hiksch ist abgelaufen. »Da muss man einen klaren Schnitt machen«, fordert Gysi. Das ist kein Grund zur Trauer, allerdings erinnert die Dämonisierung der beiden ehemaligen Sozialdemokraten doch stark an jene »Streitkultur«, mit der einst die Grünen »regierungsfähig« gemacht wurden.

Bei den Grünen prägte Antje Vollmer in Anlehnung an einen Spruch Mao Zedongs seinerzeit den Schlachtruf: »Boykottiert das Hauptquartier!« In der PDS sprachen führende »Reformer« von der »Afghanistanisierung« der Partei – mit Dehm und Hiksch als roten Taliban. Von der Tragödie zur Farce.

Dabei kommen Dehm und Hiksch nur daher, wo andere erst mit aller Kraft hinwollen. Sie seien »eiserne Machttaktiker«, wirft ihnen Gysi vor. Aber wollten das die »Reformer« in Gera nicht auch sein? Mit ihren bei den Jusos und in der SPD erlernten Methoden demaskierten die Politclowns Dehm und Hiksch damals die »Reformer« als das, was sie sind: Politdilettanten, die nicht einmal vernünftig putschen können. Juso schlägt FDJ – was für ein leichtes Spiel müssen da erst sozialdemokratische Ministerpräsidenten in den rot-roten Landesregierungen haben?

Gerne wird verdrängt, dass es Zeiten gab, in denen jeder Sozialdemokrat, der zur PDS kam, bejubelt wurde. Heute sagt der Fraktionsvorsitzende der PDS im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow: »Dehm und Hiksch sind für mich die Rache Münteferings an der PDS.« Dabei bekam die Partei nur, was sie verdiente. Wessen Rache sind übrigens Dietmar Bartsch, Helmut Holter, Petra Pau oder Roland Claus?

Bei solchem Nachwuchspersonal bleibt tatsächlich nur der Rückgriff auf die alte Garde. Unter Bisky wird die PDS immerhin bleiben, was sie ist: ein Ereignis von regionaler Bedeutung, ein Heimatverein und Mehrheitsbeschaffer im Berliner Biotop oder in den Oasen Ostdeutschlands.


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