31.01.2003

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taz

*   Ein Grüner unter Schwarzen 
Von Pascal Beucker und Frank Überall

Koalition in Köln so gut wie perfekt. CDU gesteht dem neuen Partner nur einen unbeliebten Posten zu: Grüne bekommen das Sozialdezernat. Dort wollen sie für menschlichere Flüchtlingspolitik sorgen.

Die Kölner Grünen waren auf alles vorbereitet. Eine fertig ausformulierte Erklärung über das Scheitern der schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen hatten sie schon in der Tasche. Doch die wird nicht mehr benötigt. Denn die erste Koalition aus Christdemokraten und Grünen in einer deutschen Millionenstadt steht kurz vor ihrem Abschluss. "Das war heute der Durchbruch", verkündete der CDU-Fraktionschef Rolf Bietmann nach der Verhandlungsrunde am späten Mittwochabend im Rathaus. Schwarz-Grün stehe "so gut wie sicher", gab sich der erschöpfte, aber gut gelaunte Bietmann optimistisch. "Eigentlich alles, was im Wege stand", hätten die potenziellen Partner "beiseite geräumt". In der kommenden Woche, so hofft er, könne der Koalitionsvertrag unterzeichnet werden.

Im Wege stand bei den seit eineinhalb Wochen dauernden Verhandlungen vor allem eine Einigung über das Personaltableau. Zwischen den Möchtegernkoalitionären heftig umstritten war die Beteiligung der Grünen an der Stadtspitze - eine perspektivische Entscheidung, denn während inhaltliche Vereinbarungen bei einem möglichen Scheitern des Bündnisses umgehend wieder obsolet sein können, wird ein städtischer Beigeordneter für eine Amtszeit von acht Jahren gewählt. Die Grünen strebten das Schul- oder das Stadtentwicklungsdezernat an. Die wollten ihnen die CDU aber nicht überlassen. Nun verständigte man sich auf einen Kompromiss: Die Ökopartei erhält das Dezernat für Soziales, Wohnungswesen und Beschäftigungsförderung. "Wir haben uns beim Personal geeinigt", bestätigte die grüne Fraktionschefin Barbara Moritz.

Ihrer Partei war das Einlenken nicht leicht gefallen, umfasst das neu zugeschnittene Ressort doch "alle Dinge der Mühseligen und Beladenen", so ein grüner Unterhändler. Auch Fraktionsvize Jörg Frank räumt ein: "In Zeiten knapper Kassen wird es nicht einfach sein, diese Aufgabe zu schultern." Aber sie berge auch Chancen. So gehöre zu dem Verantwortungsbereich des Dezernats beispielsweise auch die Unterbringung von Flüchtlingen. "Hier kann praktisch demonstriert werden, dass die bisherige inhumane Abschreckungspolitik der Stadt mit uns vorbei ist", so Frank. So werde es zukünftig keine Unterbringung von Flüchtlingen mehr auf Schiffen, in Zelten oder Containern und auch keine Sammelverpflegung mehr geben. Darauf habe man sich bereits mit der CDU verständigt.

Der grüne stellvertretende NRW-Ministerpräsident Michael Vesper begrüßte die grundsätzliche Einigung mit der CDU in Köln. Er wünsche der schwarz-grünen Koalition "viel Erfolg" und werde sie "im Rahmen meiner Möglichkeiten unterstützen", sagte der in Köln lebende Vesper der taz. Schwarz-Grün habe "schwierigste Aufgaben vor der Brust" und er hoffe, "dass es für diese Koalition eine tragfähige politische Grundlage gibt". Sie sei "allemal besser als eine neue schwarz-rote Kungelkoalition". Auswirkungen auf die rot-grüne Zusammenarbeit in Düsseldorf und Berlin sehe er indes nicht.

Während in Köln demnächst die Grünen mitregieren dürfen, stehen sie in einer anderen Fußballzweitligastadt jetzt wieder vor der Tür. In Duisburg kündigte die SPD die rot-grüne Kooperationsvereinbarung auf. Immer wieder habe die "chaotisch durchsetzte Fraktion" der Grünen Front gegen von den Genossen präferierte Großprojekte gemacht und außerdem versucht, bei den Haushaltsberatungen "eigene Projekte unter Denkmalschutz zu stellen", erklärte die Duisburger SPD-Spitze. Deswegen habe man nun die Zusammenarbeit beendet und sich für ein Bündnis mit der pflegeleichteren FDP entschieden.


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