29.05.2003

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taz

*   NRW-Spitze wackelt weiter - bis Juli 
Von Pascal Beucker

Bundeskanzler Schröder konnte NRW-Ministerpräsident Steinbrück beim Krisentreffen am Mittwoch offenbar nicht beeindrucken: Die Koalition an Rhein und Ruhr befinde sich weiter in einem "ergebnisoffenen Klärungsprozess", so Steinbrück.

Nein, auch Gerhard Schröder konnte ihn nicht umstimmen: Peer Steinbrück bleibt auf seinem Konfrontationskurs gegenüber den Grünen. Die rot-grüne Koalition in Düsseldorf befinde sich weiterhin in einem "ergebnisoffenen Klärungsprozess", verkündete der nordrhein-westfälische Ministerpräsident nach seinem überraschend auf Mittwochmorgen vorgezogenen Krisengespräch mit dem Bundeskanzler. Ausgang offen.

Die SPD-Bundesspitze zeigte sich dennoch zufrieden: Die Gefahr eines sofortigen Koalitionsbruchs sei vorläufig abgewendet, hieß es. Aber die war ohnehin nicht gegeben: Bereits auf der Sitzung der SPD-Landtagsfraktion am Dienstag hatte Steinbrück seinen Zeitplan bekannt gegeben: Bis Mitte Juli solle versucht werden, in Arbeitsgruppen eine gemeinsame Plattform zu finden. Als Nagelprobe gilt dabei der neue NRW-Haushalt. Danach werde entschieden, ob das Bündnis fortgeführt werden könne.

Bei dieser Linie blieb er auch auf dem ursprünglich erst für den gestrigen Abend geplanten Treffen, an dem auch SPD-Landeschef Harald Schartau und kurzzeitig Bundestagsfraktionschef Franz Müntefering sowie Generalsekretär Olaf Scholz teilnahmen. "Es geht nicht um einzelne Punkte, es geht um die Generalfrage, ob diese Landesregierung, ob diese Koalition eine Aufstellung hat, inhaltliche Positionen hat, die Probleme dieses Landes zu lösen", sagte Steinbrück danach. Notwendig sei dabei eine "klare Perspektive für die nächsten beiden Jahre". Schartau stärkte Steinbrück den Rücken: Es gehe dem Regierungschef "um die Sache" und nicht um die Rettung seines Amtes angesichts von sinkenden Umfragewerten, betonte der SPD-Landeschef. Schließlich hätten viele in der SPD große Bauchschmerzen bei einem Wechsel zur FDP: "Es schüttelt die Partei, weil sie an Möllemann denkt", so Schartau.

Doch für die Grünen dürfte das keine Beruhigung sein. Immer noch ist offen, was Steinbrück tatsächlich mit seinem Kurs bezweckt. So befürchten nicht wenige in der Öko-Partei, die nun anstehenden Arbeitsgruppenberatungen könnten nur dazu dienen, die Grünen in eine schier ausweglose Situation zu bringen: Konflikte könnten von den Genossen derartig zugespitzt werden, dass der kleine Koalitionspartner vor die Alternative geschoben werden könnte, sich entweder endgültig das Rückgrat brechen zu lassen oder die Koalition brechen zu lassen. Im letzten Fall, so heißt es aus grünen Kreisen, könnte Steinbrück den Grünen doch noch den schwarzen Peter zuschieben, mit dem er einen Wechsel zu den Liberalen begründen könnte.

Kein Wunder, dass bei solchen Aussichten der Grünen-Landesvorsitzende Frithjof Schmidt nur zurückhaltend das Ergebnis des Krisengesprächs kommentierte. "Wir nehmen zur Kenntnis, dass die NRW-SPD sich in einer Orientierungsphase befindet, die Zeit benötigt", sagte Schmidt. "Diese Zeit räumen wir gerne ein und sind zu klärenden Gesprächen bereit", so Schmidt. Die FDP erneuerte unterdessen ihr Koalitionsangebot an die SPD. "Wir sind bereit für einen Politikwechsel", so FDP-Chef Guido Westerwelle.


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