16.06.2003

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taz

*   KOMMENTAR: Aufgezehrt und ideenlos 
Von Pascal Beucker

Die Probleme der NRW-SPD bestehen auch ohne Bärbel Höhn weiter.

Ministerpräsident Peer Steinbrück hat seine Partei in ein Dilemma manövriert. Mit seinem Auftritt auf dem Bochumer Landesparteitag am Samstag hat er die Latte für eine Fortsetzung von Rot-Grün noch einmal höher gelegt - so hoch, dass sie kaum noch überwindbar sein dürfte. Gleichzeitig machten die Delegierten aber mehr als deutlich, dass sie einen Wechsel zu den Liberalen vehement ablehnen. Einen dritten Weg gibt es jedoch nicht: Seinen Sieg bei der Landtagswahl 2005 fest im Blick, ist CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers zu klug, um sich auf eine große Koalition einzulassen.

Was bleibt ist ein Gedankenspiel, das aberwitzig klingt. Steinbrücks Unmut, das ist unübersehbar, fokussiert sich immer wieder auf eine Person: die grüne Landesumweltministerin Bärbel Höhn. Seine Botschaft eindeutig: Das Verhältnis zu ihr ist derartig zerrüttet, da hilft auch kein Eheberater mehr. Doch wie kann sie aus dem Blickfeld des Regierungschefs verschwinden, ohne dass die Grünen ihre beliebteste Politikerin im Land beschädigen? Ganz einfach: Höhn könnte weggelobt werden - nach Berlin. Etwa, wenn Joschka Fischer sich nach Europa verabschiedet und Renate Künast das Außenministerin übernähme, könnte die NRW-Ministerin auf deren bisherigen Posten nachrücken.

Die Überlegung einiger Strategen hinter den Kulissen klingt auf den ersten Blick verlockend: Zum einen könnte Steinbrück so der Weg zurück zu Rot-Grün ohne größeren Gesichtsverlust eröffnet werden. Er hätte die demonstrative Veränderung, die er dazu braucht. Zum anderen wäre Höhn als Bundesverbraucherschutzministerin eine gute Wahl.

Trotzdem wäre eine solche verwegene Rotation nur eine Scheinlösung. Denn das Kernproblem der rot-grünen Regierung in Düsseldorf bleibt: die tiefe Krise der seit 37 Jahren regierenden SPD. Die Partei ist aufgezehrt und verbraucht; ihr Führungspersonal kopf- und ideenlos. Die Schuld für die desolate Situation anderen zuzuschieben, ist zwar bequem, hilft aber nicht weiter. Und auch wenn es gemeinhin heißt, geteiltes sei halbes Leid: Die NRW-Grünen riskierten durch den Verlust ihrer populären Frontfrau, mit in den Abwärtsstrudel gerissen zu werden. Das sollten sich die Grünen sehr gut überlegen.


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