28.06.2003

Startseite
taz

*   KOMMENTAR: Magnetbahn peerdü
Von Pascal Beucker

Das Unsinnsprojekt geht, die Koalition bleibt.

Ein "Düsseldorfer Signal" wollte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück setzen - und das hat er tatsächlich geschafft. Am Ende der von ihm ausgelösten Krise der rot-grünen Landesregierung steht tatsächlich ein Zeichen der Befreiung, allerdings ganz anders als es Steinbrück sich zu Beginn gedacht hatte. Statt das Ende von Rot-Grün zu verkünden, wie er es gern getan hätte, aber auf Geheiß aus Berlin nicht durfte, musste der unglückliche Regierungschef den Abschied von seinem Lieblingsprojekt bekannt geben. Es ist geschafft: Der Metrorapid kommt nicht an Rhein und Ruhr.

Jahrelang agitierten die Genossen wider besseres ökonomisches Wissen für die Magnetschwebebahn und sorgten dafür, dass Unsummen zur Planung des Unsinnsprojekts verpulvert wurden, bei dem die hohen Spitzengeschwindigkeiten und die vielen Haltestellen einen unauflöslichen Widerspruch bildeten. Jahrelang verklärten sie diese Luxusstraßenbahn durch das Ruhrgebiet zum Leuchtturmprojekt, jahrelang beschimpften sie ihren skeptischen grünen Koalitionspartner als technikfeindlich. Nun erklärt Steinbrück von einem Tag auf den anderen, es sei zwischen Wünschenswertem und Machbarem zu unterscheiden. Die Erkenntnis kommt spät - für Steinbrück vielleicht zu spät.

Denn er steht vor einem Scherbenhaufen. Mit zwei Optionen hatte er das rot-grüne Bündnis aus heiterem Himmel und ohne konkreten Anlass in die Krise gestürzt: Entweder die widerspenstigen Grünen fliegen zugunsten der handzahmen FDP raus, oder der kleine Koalitionspartner lässt sich nachhaltig domestizieren. Nun hat Steinbrück weder das eine noch das andere geschafft, weil er seine eigene Partei falsch eingeschätzt hat. Sowohl die Parteibasis als auch die SPD-Spitze in Berlin leisteten unerwarteten Widerstand gegen den Partnertausch.

In der Krise haben die Grünen geschickt den Eindruck vermieden, sie könnten umfallen, um bloß an der Macht zu bleiben. Jetzt steht das Aus für den Metrorapid als unerwartetes wie unübersehbares Plus auf ihrer Habenseite. Jetzt werden sie auch nicht mehr von sich aus die Koalition platzen lassen, auch wenn sie mit Kohlesubventionen und Flughafenausbau manche Kröten schlucken müssen. Jetzt können sie gut gelaunt auf die Kommunalwahlen 2004 und die Landtagswahl 2005 blicken. Für die SPD und Steinbrück indes bleiben die Aussichten so düster, wie sie schon vor der Koalitionskrise waren.


© Pascal Beucker. Alle Rechte an Inhalt, Gestaltung, Fotos liegen beim Autoren. Direkte und indirekte Kopien, sowie die Verwendung von Text und Bild nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung des Autoren.