13.08.2003

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taz

*   RWE im Clinch mit den Gemeinden 
Von Pascal Beucker

Weil sich die Kommunen wehren, stocken die Pläne des neuen RWE-Chefs, Harry Roels, den Stromriesen umzubauen. Seine Bilanz ist überhaupt ambivalent: Noch 22 Milliarden Euro Schulden, mehr als 1.000 Jobs weg. Jetzt fürchtet er das Dosenpfand.

Es hatte etwas von Trotz. "An der Umsetzung unserer Regionalstruktur zum 1. Oktober halten wir fest", verkündete der Vorstandsvorsitzende Harry Roels gestern, als er die RWE-Halbjahresbilanz vorstellte. Der 55-jährige Niederländer hatte sich das einfacher vorgestellt. Roels, der seit März an der Spitze des zweitgrößten deutschen Energieversorger steht, hat ambitionierte Pläne: Er will dem 1898 als Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk AG gegründeten Konzern eine neue Struktur verpassen.

Die Zahl der Führungsgesellschaften soll von 13 auf 7 reduziert werden - mit erhofften Synergien in Höhe von etwa 120 Millionen Euro. RWE ist für alle die Dachmarke, Vertrieb und Produktion von Strom und Gas werden gebündelt. Alles kein Problem, wären da nicht diese renitenten kommunalen Aktionäre von Arnsberg bis Warendorf, die 20-Prozent-Minderheitseigner von RWE Gas. Sie sträuben sich gegen den Tausch ihres Anteils gegen eine Beteiligung an der neuen regionalen Vertriebsgesellschaft Energy Nord. Nun soll die Regionalgesellschaft, eine von sechs unter dem Dach RWE Energy, erst mal ohne das Gasgeschäft installiert werden.

Roels hofft auf ein Einlenken, das aber könnte teuer werden. Denn die kommunalen Aktionäre ließen bereits erkennen, dass ihre Anteile RWE bis zu 2 Milliarden Euro kosten dürften. Damit würde ein Kauf der Kommunalanteile den eingeschlagenen Entschuldungskurs empfindlich beeinträchtigen. Immerhin beträgt die Nettoverschuldung von RWE 22,3 Milliarden Euro. Bis Ende 2005 soll sie auf unter 20 Milliarden Euro sinken.

Vor allem wegen der Einrechnung der neuen Tochtergesellschaften Transgas, American Water Works sowie des britischen Energieversorgers Innogy konnte RWE seinen Betriebsgewinn in der ersten Jahreshälfte um 35 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro steigern. Allerdings schrumpfte der Nettogewinn von 818 im Vorjahr auf 621 Millionen Euro. Die Beschäftigtenzahl des RWE-Konzerns stieg im vergangenen Halbjahr um rund 5 Prozent auf 138.877 Mitarbeiter. Auch das hängt mit den neuen Konzerntöchtern zusammen. So musste Finanzvorstand Klaus Sturany denn auch einräumen: "Bereinigt um alle Konsolidierungseffekte haben wir 1.018 Stellen abgebaut, davon 934 in Deutschland." Weitere 1.000 Arbeitsplätze sollen bis Ende 2005 verschwinden.

Während RWE bei Strom, Gas, Wasser satte Zuwachsraten einfahren konnte, musste Roels bei den Umweltdienstleistungen, dem vierten Bereich des Kerngeschäfts, einen Gewinneinbruch vermelden. Die Entwicklung in diesem Geschäftsfeld sei ohnehin schon durch extrem ungünstige Rahmenbedingungen gekennzeichnet gewesen. "Jetzt kommen noch Belastungen durch die Einführung des Dosenpfands hinzu", klagte Roels. Die hausgemachten Belastungen der vergangenen Jahre durch Korruptionsskandale um Müllverbrennungsanlagen im Zusammenhang mit dem Viersener Tochterunternehmen Trienekens erwähnte er nicht.


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