30.09.2003

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taz

*   Länder gefährden Eichels Sparziel 
Von Pascal Beucker und Hannes Koch

Hessen und NRW legen heute ihre Vorschläge für den Abbau von Steuersubventionen vor: minus 15 Milliarden Euro zwischen 2004 und 2006. Für einen verfassungsgemäßen Haushalt braucht Bundesfinanzminister Eichel (SPD) aber mehr Geld.

Die Bundesländer wollen weit weniger Subventionen streichen, als Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) für seinen Haushalt eingeplant hat. Dies ist das Ergebnis der Verhandlungen zwischen den Ministerpräsidenten von Hessen und Nordrhein-Westfalen, Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) über den Abbau von Steuervergünstigungen. Koch und Steinbrück hätten eher "weniger als mehr" vereinbart, sagte gestern ein Finanzpolitiker der Union. Damit gerät Eichels Haushaltsentwurf für 2004 in zusätzliche Probleme.

Koch und Steinbrück stellen ihr Konzept heute Vormittag in Berlin vor. Es soll als Vorschlag für koordinierte Einsparmaßnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden dienen. Die Ministerpräsidenten regen an, zwischen 2004 und 2006 rund 15 Milliarden Euro an Subventionen einzusparen.

Die für 2004 geplanten Kürzungen werden mit 2 bis 3 Milliarden Euro für Bund, Länder und Gemeinden eher niedrig ausfallen. Für den Bund blieben damit im nächsten Jahr nur gut 1 Milliarde Euro übrig. Demgegenüber hat Bundesfinanzminister Eichel Einsparungen bei Subventionen in Höhe von mehr 2,5 Milliarden Euro eingeplant. Dieses Ziel muss er erreichen, um einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzulegen, in dem die Neuverschuldung niedriger ausfällt als die Summe der Investitionen. Der Vorschlag der Ministerpräsidenten erleichtert Eichel seine Aufgabe nicht.

Der 130 Seiten umfassende Kürzungskatalog Kochs und Steinbrücks beinhaltet Einsparungen für die Jahre 2004 bis 2006, die insgesamt 15 Milliarden Euro ergeben. 2006 sollen die Subventionen dann um 10 Milliarden Euro pro Jahr niedriger liegen als heute.

Fest steht offenbar, dass die beiden Ministerpräsidenten die "Rasenmähermethode" anwenden wollen. Alle Steuervergünstigungen sollen linear um bis zu 10 Prozent gekürzt werden. Dabei haben Koch und Steinbrück sich jedoch auf eine Reihe von Ausnahmen verständigt. So soll der Rasenmäher die Bereiche Forschung, Bildung und Entwicklung sowie Förderprogramme zugunsten mittelständischer Unternehmen verschonen. Außerdem sollen solche Beihilfen nicht berührt werden, bei denen die zu erwartenden Einsparungen geringer ausfallen als der zur Umsetzung notwendige Verwaltungsaufwand. Zudem bedürften einzelne Kürzungen wie zum Beispiel beim Schienenverkehr einer Grundgesetzänderung.

Hinzu kommen auch noch Bereiche, die zwischen Koch und Steinbrück weiterhin strittig sind. Deswegen sollen heute zwei "Körbe" präsentiert werden: einer mit gemeinsamen Vorhaben, der andere mit umstrittenen Streichvorschlägen. Der Korb der Gemeinsamkeiten sei jedoch um etwa das 15fache größer als der der Differenzen, heißt es. Im ersten Korb befinden sich auch die zwischen Union und SPD heiß umstrittenen Punkte Eigenheimzulage, die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Job sowie die Kohlebeihilfen.

Besonders die Frage der Subventionskürzung der Steinkohle sorgt dabei in Düsseldorf für Spannung: Geht der Vorschlag noch über die Abbauvorstellungen hinaus, die die Bundesregierung Mitte Juli angekündigt hatte und die eine Halbierung der staatlichen Förderung von bislang über 3 Milliarden Euro bis 2012 vorsieht? Oder kommt der Vorschlag Steinbrücks und Kochs noch obendrauf? Das würde weitere Zechenstillegungen und entsprechenden Arbeitsplatzabbau bedeuten - ein gefährliches Spiel für Steinbrück, will er doch die Landtagswahl im Jahr 2005 bestehen.

Schon bei der Krise der rot-grünen Landesregierung im Sommer gehörte die Steinkohle zu den schwierigsten Problemen und nur mit Mühe konnten sich die Sozialdemokraten, die gegen zu weitreichende Kürzungen kämpften, und die Grünen auf einen Kompromiss einigen.


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