14.10.2003

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taz

*   KOMMENTAR: Aufräumen mit dem Clement-Erbe 
Von Pascal Beucker

NRW: Auch ohne Korruption ist die SPD-Misswirtschaft teuer genug.

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse hat der Soziologe Max Weber einmal als die "Rute des Parlamentes" bezeichnet. Seit gestern schwingt der nordrhein-westfälische Landtag öffentlich diese Rute, um Missstände bei mehreren landeseigenen Gesellschaften aufzuklären. Wie stets bei solchen Veranstaltungen in den vergangenen Jahren geht es um den Vorwurf des roten Filzes.

Ob sich dafür tatsächlich verwertbare justiziable Beweise werden finden lassen, ist fraglich. Trotzdem wäre es falsch, den Ausschuss nur als ein reines Wahlkampfinstrument der schwarz-gelben Opposition abzutun. Das ist er mit Blick auf die Kommunal- und Landtagswahlen 2004 und 2005 sicherlich auch - aber eben nicht nur.

Denn der Untersuchungsausschuss hat seine Berechtigung: Es geht um die notwendige öffentliche Aufarbeitung von Altlasten, die Wolfgang Clement an Rhein und Ruhr hinterlassen hat. Das ist nicht nur Vergangenheitsbewältigung. Denn Clement pflegt als heutiger "Bundessuperminister" weiterhin sein Image als Macher. In Nordrhein-Westfalen lässt sich indes bewundern, wohin dieses "Machertum" führte: zu einer Politik, bei der nicht nur zuerst gehandelt und dann erst nachgedacht wurde, sondern bei der es immer wieder auch zu nicht hinnehmbaren Regelverstößen kam, um vermeintliche Blockaden zu überwinden.

Die vom NRW-Landesrechungshof bemängelten fehlenden Ausschreibungen bei der Vergabe von Aufträgen bei den Landesgesellschaften, mit denen sich der Ausschuss jetzt befasst, gehören dazu. Auch wenn der Vorgang mehr als ein "Geschmäckle" hat: Ob dabei ein Freund Clements bevorzugt wurde, ist politisch nur ein Nebenaspekt. Im Kern geht es um die Misswirtschaft eines überschätzten Politikers, die auch schon ohne Korruption die Steuerzahler teuer zu stehen kommt.

Die Landtagsopposition ist auf der sicheren Seite: Auch wenn es ihr nicht gelingt, den ganz großen Skandal aufzudecken, so bleiben auf jeden Fall die vom Landesrechnungshof beschriebenen Unregelmäßigkeiten und Missstände, welche Gründe die Verantwortlichen auch immer hatten. Einen Freispruch erster Klasse wird es für die Landesregierung nicht geben. So wird der Untersuchungsausschuss so oder so seinen Beitrag zum weiteren Niedergang der traditionsreichen NRW-SPD leisten, die nur noch ein Wunder davor wird bewahren können, sich nach der Landtagswahl 2005 in der Opposition wiederzufinden. Dieser erstaunliche Niedergang in ihrer einstigen Hochburg, der untrennbar mit dem Namen Wolfgang Clement verbunden ist, wäre eine eigene Untersuchung wert. Allerdings keine parlamentarische, sondern eine wissenschaftliche.


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