31.10.2003

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*   Spätes Lob für "Edelweißpiraten"
Von Pascal Beucker

Kölner Bezirksregierung ehrt nach 59 Jahren Widerstandsgruppe von Jugendlichen.

Als Bartholomäus "Barthel" Schink in Köln-Ehrenfeld öffentlich hingerichtet wurde, war er gerade 16 Jahre alt. Mit ihm wurden am 10. November 1944 zwölf weitere Mitglieder der "Edelweißpiraten" und seiner Ehrenfelder Gruppe ohne Prozess gehängt. In der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem wird Schink heute als ein "Gerechter unter den Völkern" geehrt.

In Deutschland tut man sich hingegen immer noch schwer mit den Edelweißpiraten. Nun sollen sie nach dem Willen des Kölner Regierungspräsidenten Jürgen Roters 59 Jahre nach ihrer Ermordung doch noch jene Anerkennung erhalten, für die ihre Hinterbliebenen seit langem kämpfen. "Bei den Edelweißpiraten und auch bei der Ehrenfelder Gruppe handelte es sich meiner Meinung nach um politisch Verfolgte und Widerstandskämpfer", sagte Roters der taz.

Die Roters unterstellte Kölner Bezirksregierung war seit den Fünfzigerjahren für die Ablehnung von Entschädigungszahlungen an Hinterbliebene verantwortlich. Mehrere Gerichte hatten diese Entscheidung bestätigt und sich dabei auch auf Unterlagen der Gestapo gestützt, in denen die Edelweißpiraten als gewöhnliche Kriminelle dargestellt waren. Noch in den Achtzigerjahren kam ein Gutachten zu dem Ergebnis, dass es sich bei ihnen zwar doch nicht um Kriminelle, aber ebenso wenig um "aus politischem Verantwortungsbewusstsein gewachsenen Widerstand" gehandelt habe. Die Gruppe hatte geflohene Zwangsarbeiter versteckt, Versorgungszüge geplündert und Lebensmittelmarken gestohlen. Außerdem verübte sie Anschläge auf NS-Funktionäre.

Finanzielle Entschädigungen seien mit der Anerkennung allerdings nicht verbunden, betonte Roters. Es handele sich vielmehr um eine "politisch-moralische" Rehabilitierung. "Es liegt mir am Herzen, dass gerade diese proletarisch geprägte Gruppe, die sich nie durch große Worte in Szene gesetzt hat, die Anerkennung erfährt, die ihr gebührt." Nun soll auch der Trakt seines Regierungspräsidiums, in dem das Dezernat für Entschädigungen früher saß, nach den Edelweißpiraten benannt werden.


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