05.12.2003

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*   Einsichten in Möllemanns Spendenbetrieb
Von Pascal Beucker

Vertrauter des verstorbenen FDP-Politikers berichtet davon, wie die NRW-Liberalen Spendenquittungen fälschten.

Eine gewisse liberale Originalität kann den Finanzjongleuren der nordrhein-westfälischen FDP nicht abgesprochen werden: Auch Trotzki ließen die Mannen Jürgen W. Möllemanns 10.000 Euro spenden. So steht es in der eidesstattlichen Versicherung Hans-Joachim Kuhls, die der einstige Vertraute des verstorbenen FDP-Politikers vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht abgeben musste.

Danach hat Möllemann früher und umfangreicher, als es die FDP bisher wahrhaben wollte, Gelder illegal in die Parteikassen geschleust. Die Grünen fordern jetzt von den Liberalen, "sich einer umfassenden Aufklärung zu stellen". Kuhl hat eingeräumt, dass ihm Möllemann seit seinem Comeback als NRW-FDP-Chef 1996 immer wieder verdeckt höhere Geldbeträge übergeben hat. Um sie verschleiert auf FDP-Konten gelangen zu lassen, seien zum einen Namen für fingierte Spendenquittungen frei erfunden worden. Zum anderen wurden FDP-Mitgliedern Barbeträge übergeben, die diese dann als ihre eigenen "Spenden" überwiesen. Zwischen 1996 und 2000 sollen so rund 1,33 Millionen Mark illegal verbucht worden sein.

Von den bezichtigten Geldwäschern sind einige nach wie vor in der FDP aktiv. So führt Kuhl unter anderem Tim Köhn auf, den Chef der FDP in Neuss und Geschäftsführer der Vereinigung Liberaler Kommunalpolitiker in NRW. Auch wirft die Aussage Kuhls kein gutes Licht auf die Bundes-FDP. Deren interne Revision hatte in ihrem Ende Oktober 2002 vorgelegten Bericht zu der Spendenpraxis der NRW-FDP festgestellt, es hätten sich für 1996 bis 1998 "keine Beanstandungen bei den von der Partei erlangten Zuwendungen ergeben".

Außerdem bestätigen sich jetzt auch Recherchen der taz, die bereits im Oktober 2002 über eine 88-jährige Altersheimbewohnerin berichtet hatte, deren Name zwei Jahre zuvor ohne ihr Wissen für eine fingierte Spendenquittung missbraucht worden war. Vize-NRW-FDP-Chefin Ulrike Flach hatte seinerzeit den Fall lapidar kommentiert, einige Menschen wollten wohl nichts mehr davon wissen, der FDP Geld gegeben zu haben.

Für die Grünen steht nun fest, dass "die Legende der Einzeltäterschaft widerlegt ist", wie der Landtagsabgeordnete Johannes Remmel der taz sagte. "Bei den vielen FDP-Funktionsträgern, die anscheinend an der illegalen Spendenstückelung beteiligt waren, ist es unverfroren, wenn die FDP nach wie vor so tut, als habe sie mit den Vorgängen nichts zu tun", so Remmel.


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