06.02.2002

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taz

*   Hochzeit ohne Illusionen
Von Pascal Beucker

CDU und Grüne gehen in Köln eine Zweckpartnerschaft auf Zeit ein. Auf 31 Seiten wird die Politik bis zur nächsten Kommunalwahl festgeschrieben. Sparmaßnahmen treffen alle Bereiche.

In diesen Tagen ist Barbara Moritz eine gefragte Frau. "Ich kann kaum mehr einkaufen gehen, ohne auf das Bündnis mit der CDU angesprochen zu werden", sagt die grüne Ratsfraktionschefin. Dann redet die 51-jährige Lehrerin geduldig von der "Notgemeinschaft", die ihre Partei mit den Christdemokraten eingegangen sei, vom finanziellen Desaster der Stadt und von der dringend notwendigen Haushaltskonsolidierung. Nein, keine falsche Euphorie kommt ihr über die Lippen. Stattdessen sagt sie: "Für uns kommen jetzt harte Zeiten." Angesichts des riesigen Defizits von über 500 Millionen Euro gehe es "lediglich darum, aus den gegebenen Möglichkeiten das Beste zu machen". Das bedeute auch, dass die Grünen nach 19 Jahren in der Opposition nun "eine andere Rolle lernen" müssten.

Immerhin hat es die Partei geschafft, dass in dem schwarz-grünen Koalitionsvertrag eine eindeutige grüne Handschrift sichtbar ist - nicht nur in seiner Präambel, die an manchen Stellen so klingt, als wäre sie aus einem grünen Programm abgeschrieben: "Bürgerschaftlicher Freiheit, Selbstverantwortung und Selbstbestimmung für die Menschen" kämen "eine entscheidende Rolle zu", heißt es dort beispielsweise. Aber auch ganz konkret kann sich die Vereinbarung sehen lassen: Der Ausbau des Godorfer Hafens und die Tieferlegung der Nord-Süd-Fahrt werden ebenso auf Eis gelegt wie die Pläne für den Ausbau des Niehler Gürtels.

Auf die Verbreiterung der Rheinuferstraße zwischen der Straße Am Tauenzieher und der Severinsbrücke um eine Fahrspur wird ebenso verzichtet wie auf eine Verbreiterung der Zoobrücke und die Planungen, die Nord-Süd-U-Bahn über die Marktstraße hinaus Richtung Bonner Verteiler unterirdisch zu führen. Trotz allen Sparzwangs sollen Frauenprojekte weiter finanziell unterstützt, die Hilfsangebote für Drogenabhängige fortgeführt werden und der Umgang mit Flüchtlingen wieder humanisiert werden. "Die bisherige Flüchtlingspolitik hatte uns ja auch keine Freunde in Köln gemacht - vom Katholikenausschuss bis zu den Gewerkschaften", gibt sich CDU-Frontmann Bietmann hier lernfähig.

Ebenfalls vereinbart: Die städtischen Kliniken werden entgegen den ursprünglichen CDU-Vorstellungen ebenso wenig privatisiert wie GAG und Grubo. Gewinnbringend abgestoßen werden sollen hingegen "strategisch nicht relevante Beteiligungen", wie die der Stadtwerke oder ihrer Töchter an Radio Köln, NetCologne und der Kölner Außenwerbung - Beteiligungen eben, die nicht zum vielbeschworenen "Tafelsilber" einer Stadt gehören.

Tatsache ist aber auch, dass das Papier etliche derbe Einschnitte besonders im kulturellen Bereich enthält. Und es lässt viele Fragen offen - vor allem im sozialen Sektor: In zweistelliger Millionen-Euro-Höhe soll hier gespart werden. Nur wo, darüber findet sich kein Wort. Moritz versichert, in erster Linie werde der Organisationsapparat betroffen sein. Erst wenn das nicht reiche, stünden auch Leistungskürzungen an.

Bei allem demonstrativem schwarz-grünen Sparwillen - ausgerechnet die Streichung einer der absurdesten kölschen Subventionen wurde vergessen: die des Rosenmontagszugs.

CDU-Oberbürgermeister Fritz Schramma begrüßte die Koalitionsvereinbarung gestern "grundsätzlich", warnte aber: "Es kann nicht sein, dass die Politik als Heilsbringer auftritt und die Verwaltung als böse Buben."


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