20.03.2002

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taz

*   Scholz einsam stark vor roten Nelken
Von Pascal Beucker und Frank Überall

Kritik und Selbstkritik bei der Kölner SPD: Delegierte bereiten sich auf Widerstand gegen Schröders Reformen vor.

Das Bild beim Parteitag der Kölner SPD hätte so schön sein können. Blaue Transparente mit der Aufschrift "Gemeinsam stark", dazu rote Blümchen in Balkon-Kästen sollten die Aufbruchstimmung nach dem Spendenskandal wiedergeben. Doch als der Generalsekretär der Bundespartei, Olaf Scholz, ans Mikrophon trat, verdeckten die Nelken die erste Silbe. "einsam stark" stand jetzt da. Der Satz wurde Programm.

Scholz wetterte für den Kanzler: Man müsse die Erfolge der Bundesregierung in den eigenen Reihen mehr loben, sonst mache das ja keiner. Zuvor hatten bereits NRW-SPD-Chef Harald Schartau und Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) den rund 300 Kölner Delegierten die Forderung nach Zusammenhalt eingeschärft.

Doch als Scholz versprach, man werde sich mit Lobbyisten anlegen, meldeten sich die Kritker zu Wort. "Eine gute Reform ist nicht die, die gut angekündigt wird - sondern die, die gut gemacht wird", rief der Kölner DGB-Chef Wolfgang Uellenberg unter donnerndem Applaus. Bei der Zusammenführung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe dürfe die Bezahlung nicht auf die Kommunen abgewälzt werden, warnte der Kölner SPD-Fraktionschef Martin Börschel: "Die Kommunen sind längst finanziell ausgeblutet." Der Abgeordnete Martin Dörmann mahnte ebenfalls Vorsicht an: "Wir werden viele Reformen machen, die auf Widerstand stoßen. Gerade deshalb ist es wichtig, dass das wirklich zu mehr Beschäftigung führt."

Der SPD-General bedankte sich artig bei den kritikfreudigen Delegierten. Die Diskussion habe gezeigt, dass der Partei der Mut nicht fehle. Unten in den Stuhlreihen klangen diese Worte für manches Mitglied wie Hohn. Denn gerade die SPD auf Bundes- und Landesebene ist es, die offene Auseinandersetzungen an anderer Stelle kaum schätzt. So muss die Kölner Ratsfrau Anita Cromme demnächst wohl vor Gericht, weil sie ihr parteiinternes Urteil beim Spendenskandal als zu hart kritisiert hat. Die Parteispitze hat juristische Schritte gegen sie eingeleitet - weil angeblich das "Persönlichkeitsrecht" der Bundes-SPD verletzt wurde. Auch bei der Landtagsabgeordneten Annelie Kever-Henseler gibt die Parteiführung keine Ruhe. Die Politikerin hatte sich beim Verfahren um illegale Spendenquittungen ihre Mitgliedschaftsrechte für einen Kölner SPD-Parteitag im letzten Jahr vor dem Landgericht Düsseldorf erfolgreich eingeklagt. Die Parteispitze ging jedoch in die nächste Instanz. Gefochten wird jetzt vor dem Oberlandesgericht Anfang 2004.


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