12.12.2003

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*   Ein Aussteiger steigt mal wieder aus
Von Pascal Beucker

Der Ex-Neonazi Jörg Fischer hat seinen Austritt aus der PDS erklärt, weil diese das kapitalistische System nicht mehr bekämpfe. Kölns PDS-Ratsherr Jörg Detjen zeigt sich erleichtert: "Der hängt seine Fahne immer in den Wind."

Die Kölner PDS hat eines ihrer schillerndsten Mitglieder verloren. Wie die taz jetzt erfuhr, ist der ehemalige Neo-Nazi Jörg Fischer am Mittwoch aus der Partei ausgetreten. Diesen Schritt habe er sich "lange, reiflich und eingehend überlegt". Als Grund gab er an, die PDS habe "jeden Anspruch aufgegeben, am Sozialismus als Alternative zum kapitalistischen System festzuhalten". Die Partei beziehe sich nicht mehr auf soziale und außerparlamentarische Bewegungen, sondern habe sich "zu einem integralen Bestandteil der herrschenden Gesellschaftsordnung gemacht". Das gelte nicht nur für die Bundespartei, sondern auch für die Kölner PDS. Dafür sei "ihre bisherige Ablehnung des linken Wahlbündnisses zu den Kommunalwahlen 2004 ein Ausdruck". Der 34-Jährige gehört zu den Initiatoren dieses "Bündnisses" (taz berichtete).

Fischer war in seiner Jugend von 1982 an in der neonazistischen Szene aktiv, zuerst als Funktionär der NPD, dann bei der DVU. Auch in der "Deutschen Liga für Volk und Heimat", der Vorläuferorganisation von "pro Köln", mischte er mit. Vor allem seine Homosexualität führte Ende 1991 zu einem Bruch mit der braunen Szene. Sein im Rowohlt-Taschenbuchverlag erschienenes Buch "Ganz rechts" über diese Zeit und seinen Ausstieg aus dem nazistischen Sumpf wurde ein publizistischer Erfolg und bescherte ihm einige öffentliche Aufmerksamkeit. Der PDS schloss er sich 1996 an.

Bei der vergangenen Bundestagswahl trat Fischer, der von Anfang 2002 bis August 2003 auch Mitglied im KreissprecherInnenrat der Kölner PDS war, in der Domstadt als Direktkandidat für die SED-Nachfolgepartei an. Im Mai scheiterte sein Versuch, sich auf dem Bochumer Landesparteitag zum Landessprecher der nordrhein-westfälischen PDS wählen zu lassen. Erfolgreicher gestalteten sich hingegen seine Aktivitäten im PDS-Jugendverband ['solid], der ihn Mitte 2003 zu einem seiner NRW-Sprecher machte.

PDS-Ratsherr Jörg Detjen zeigte sich erleichtert über den Austritt Jörg Fischers. Bei Fischer handele es sich um jemanden, bei dem die Selbstdarstellung leider zu häufig vor Inhalten stehe. Nachdem der "Egomane" in der PDS gescheitert sei, suche er sich jetzt halt ein anderes Betätigungsfeld: "Der hängt seine Fahne immer in den Wind", sagte Detjen der taz. Mal habe er zum "Reformflügel" der PDS gehört, dann wieder zur Kommunistischen Plattform. Nun setzte er auf ein "linkes Wahlbündnis" gegen die PDS.

Detjen verteidigte demgegenüber den Entschluss, zur kommenden Kommunalwahl wieder als "PDS Offene Liste" anzutreten. "Auf das Wahlpotential und den Namen PDS kann man nicht verzichten, wenn man ernsthaft in den Rat einziehen will, um dort Oppositionsarbeit zu machen", so Detjen. Außerdem sei diese Liste bereits "ein linkes offenes Kölner Wahlbündnis".


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