Hintergrund Politik, 14.12.2004, 18.40 Uhr |
Nicht abschaffen, aber reformieren Die Föderalismus-Kommission und das Berufsbeamtentum
Von
Pascal Beucker und Frank Überall |
Im Oktober verständigten sich
der Deutsche Beamtenbund, die Gewerkschaft Verdi und der
Bundesinnenminister auf Dienstrechtsreformpläne. Mehrarbeit und
Weihnachtsgeldkürzungen sind bereits an der Tagesordnung. Jetzt will der Bund die Altersbezüge
der Staatsdiener kürzen, und die Überlegungen der Föderalismuskommission
von Bund Länder, die am Freitag dieser Woche ihre letzte Sitzung in
Berlin abhalten wird, weisen in folgende Richtung: Die Besoldungskompetenz für
Beamte soll in Teilen vom Bund auf die Länder übergehen, und über
eine Grundrechtsänderung könnte der Beamtenstatus sogar generell in
Frage gestellt werden. Die Kritik am Beamtentum ist
freilich so alt wie dieser Berufsstand selbst. Denn das
Berufsbeamtentum hat in der deutschen Geschichte eine erstaunliche
Durchhaltefähigkeit bewiesen. Seinen ersten großen Aufschwung
erlebte es mit der Reichsgründung 1871, nachdem es sich in den
deutschen Ländern seit Anfang des 19. Jahrhunderts herausgebildet
hatte. In wenigen Jahrzehnten verdreifachte sich die Zahl der
Staatsbediensteten auf anderthalb Millionen. Neben der fachlichen
Qualifikation war überzeugte monarchistische Grundhaltung
Voraussetzung für die Verbeamtung. In der Weimarer Republik blieb
die Mehrzahl der Beamten anti-demokratisch eingestellt. Nach der Machtübernahme
Hitlers wollten so viele Beamte der NSDAP beitreten, dass sich die
Parteiführung gezwungen sah, sich des Ansturms durch wiederholte
Aufnahmesperren zu erwehren. Wie sie einst ihrem Kaiser ewige Treue
geschworen hatten, mussten die Beamten nun darauf schwören, - so wörtlich
- dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, treu und
gehorsam zu sein. Nach dem Zweiten
Weltkrieg wollten die Alliierten Siegermächte eine Fortführung des
Beamtentums wegen der zweifelhaften Rolle vieler Beamter im Dritten
Reich gar nicht zulassen. Konsequent wurde es in der sowjetischen
Besatzungszone abgeschafft. In Westdeutschland konnten sich die
britische und die amerikanische Militärregierung jedoch nicht gegen
den Verfassungskonvent und den Bundestag durchsetzen. Dazu der
Historiker Bernd Wunder: An und für sich ist das angelsächsische
Modell einer Beamtenschaft, die offen ist, die in der Gesellschaft
verwurzelt ist, die keine Privilegien hat, die aber durchaus gewisse
Schutzrechte hat, einer Demokratie angemessener als die deutsche
obrigkeitshörige, autoritär strukturierte Beamtenschaft, wie sie aus
dem 19. Jahrhundert übernommen ist. Kritiker des bundesdeutschen
Berufsbeamtentums plädieren auch heute noch leidenschaftlich für
dessen Abschaffung. Einer von ihnen ist der Berliner
Politikwissenschaftler Professor Peter Grottian, der diese Art der
Beschäftigung für undemokratisch hält: Es ist im
Grunde genommen ja darauf zentriert, dass der König oder der
Herrschende sozusagen eine loyale Beamtenschaft haben soll, wo diese
Beamtenschaft vollstrecken soll, was der König oder der Regierende
sich ausgedacht hat. Das ist eine aberwitzige Vorstellung heute. Denn
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung sind ja oft
sehr autonom in ihren Entscheidungen. In der politischen Landschaft der
Bundesrepublik sind solche Stellungnahmen eher selten. Vor allem die
beiden großen Volks-Parteien, SPD und CDU/CSU, halten am
Berufsbeamtentum fest. Für sie ist es der Garant eines zuverlässigen
öffentlichen Dienstes, wie der innenpolitische Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz betont: Ich bin der
Auffassung, wir sollten zu unseren Traditionen stehen. Wir haben nun
mal seit vielen Jahrhunderten das Berufsbeamtentum, das sich auch
durchaus bewährt hat. Man könnte es auch anders machen, das ist
sicherlich richtig. Aber warum sollten wir denn jetzt auf einmal, von
heute auf morgen, nicht mehr zu unseren Traditionen stehen? Wir verändern
auch nicht unsere Nationalhymne, unsere Flagge. Auch die Unionsparteien stehen
fest zur Zukunft des deutschen Beamtentums. Zwar müsse angesichts der
angespannten Lage in den staatlichen Haushalten über die eine oder
andere Veränderung nachgedacht werden - prinzipiell müssten
hoheitliche Aufgaben aber weiterhin den Beamten vorbehalten werden.
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Hartmut
Koschyk: Das
Berufsbeamtentum ist flexibel genug, auch Anforderungen der Gegenwart
und der Zukunft gerecht zu werden. Insofern sage ich, steht auch das
Berufsbeamtentum immer auf dem Prüfstand, was muss daran reformiert
werden. Aber innerhalb des Systems sind sicher weitere Veränderungen
möglich, aber an den Grundfesten des Berufsbeamtentums in Deutschland
sollte man nicht rütteln. Doch was macht das Beamtentum
eigentlich so besonders? Aus verfassungsrechtlicher Sicht genießt es
einen besonders hohen Rang, siehe ausdrückliche Absicherung im
Grundgesetz. Wohl kein anderer Berufsstand kann sich darauf berufen,
eine solch umfassende Bestandsgarantie zu haben. Deshalb heißt es in
Artikel 33 des Grundgesetztes: Absatz 4: Die Ausübung
hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel
Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem
öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Absatz 5: Das Recht des öffentlichen
Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des
Berufsbeamtentums zu regeln. Das heißt, eine wesentliche Änderung
des Berufsbeamtentums oder gar eine Abschaffung würde nur mit einer
verfassungsändernden Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament möglich
sein. Die erwähnten hergebrachten Grundsätze beinhalten unter
anderem eine ganze Reihe von Privilegien für Beamte. Um die besondere Unabhängigkeit
der beamteten Staatsdiener sicherzustellen, gilt bei ihnen das
Alimentationsprinzip, d.h. sie müssen z.B. keine Sozialabgaben
zahlen. Außerdem: sie werden traditionell nicht nach Leistung
bezahlt, sondern entsprechend ihrem Rang in der Verwaltung umfassend
vom Staat unterhalten. Beamte sollen also alleine auf Recht und Gesetz
verpflichtet und vor sachfremden Einflüssen geschützt sein. Ihre
finanzielle Situation soll so auskömmlich sein, dass sie zum Beispiel
Korruptionsversuchen nicht erliegen. Das ist auch der Grund, weshalb
Beamten-Bestechung besonders hart bestraft wird. Im Gegenzug für die finanzielle
Absicherung gibt es für die Beamten aber auch eine Reihe von
besonderen Pflichten - so dürfen Beamte nicht streiken, und sie sind
verpflichtet, auch in ihrer Freizeit dem Staat treu zu dienen. Die
Pflicht zum Gehorsam gegenüber dem Dienstherren ist allerdings an
einer Stelle eingeschränkt: Der Beamte muss sich stets an der Rechtmäßigkeit
seines Handelns orientieren. Vor allem in den 60er und 70er
Jahren wurde die Schar der Beamten in der Bundesrepublik ausgeweitet.
Zum Beispiel auch im Bildungsbereich an den staatlichen Schulen: Während die Schüler auf dem
Schulhof ihre Pause genießen, sitzen sich im Lehrerzimmer inzwischen
zwei verschiedene Arten von Pädagogen gegenüber. Beide haben zwar
die gleichen Aufgaben, geben den gleichen Unterricht und erteilen die
gleichen Schulnoten - trotzdem ist der eine Angestellter, der andere
Beamter. Als Grund für die Verbeamtung der Lehrer wird häufig
genannt, dass sie mit ihren Zeugnissen über den weiteren Lebensweg
der Schüler entscheiden. Einen solch intensiven Eingriff in das persönliche
Leben dürfe von staatlicher Stelle nur ein Beamter ausüben, heißt
es. Von der Praxis in den Schulen ist das aber spätestens überholt,
seitdem auch angestellte Lehrer Zeugnisse schreiben. Der Duisburger
Lehrer Bernd Wilhelmi aber verteidigt seinen Beamtenstatus: Ich habe als
Beamter nicht nur die Sicherheit, die ich am Arbeitsplatz habe,
sondern ich habe auch die Möglichkeit, meinem Dienstherrn gegenüber
Dinge aufzuzeigen, die ich für falsch halte. Also ich kann
remonstrieren, so heißt das. Und ich kann deutlich machen, dass
bestimmte Dinge in der Schule, die im Moment verwaltungsmäßig
gemacht werden, so nicht praktikabel oder unsinnig sind, und mein
Dienstherr muss darauf reagieren. Eigenständig denkende Beamte -
das ist im modernen Staat das Idealbild eines Staatsdieners. Viele
werden dem Ideal inzwischen gerecht, auch wenn das in einer Bürokratie
gar nicht so einfach ist. Ein umfangreiches Regelwerk erschwert die
Flexibilität der Beamten, so dass viel von der Kritik - wie sie zum
Beispiel in den Beamtenwitzen zum Ausdruck kommt - gar nicht an den
Beschäftigten selbst liegt. In Deutschlands Amtsstuben hat
sich die Zahl der Beamten in den letzten 40 Jahren mehr als
verdreifacht. Erst seit einigen Jahren überschatten die Sparbemühungen
der verschiedenen politischen Ebenen den Expansionskurs des
Beamtentums. Die Hauptlast tragen dabei die Bundesländer. Bei ihnen
sind rund zwei Drittel aller Staatsdiener beschäftigt. Die
Einstellung von Beamten galt und gilt für viele Politiker als die
aktuell jeweils günstigste Variante. Weil auch von Arbeitgeberseite
keine Sozialabgaben fällig werden, belasten die aktiven Beamten den
staatlichen Haushalt etwas weniger als Angestellte in gleicher
Position. Hinzu kommt, dass in den 50er
Jahren die Gehälter der Beamten um sieben Prozent niedriger angesetzt
wurden als die der Angestellten. Das so gesparte Geld sollte vom Staat
eigentlich zurückgelegt werden, nur hat das damals keiner gemacht.
Inzwischen rollt aber eine bedrohliche Welle von Pensionszahlungen auf
die öffentlichen Haushalte zu. Der Landesrechnungshof in
Nordrhein-Westfalen hat bereits davor gewarnt, dass schon jetzt mehr
als die Hälfte der Steuereinnahmen für die Personalkosten des öffentlichen
Dienstes aufgewendet werden muss. Jeder fünfte Euro wird dabei für
Beamte ausgegeben, die längst in den Ruhestand verabschiedet wurden
und der Verwaltung aktuell gar nichts mehr bringen. Der Präsident des
Bundes der Steuerzahler, Karl-Heinz Däke, warnt eindringlich vor
einem politischen Verdrängen dieser Kosten: Die
Pensionsverpflichtungen insbesondere bei den Ländern, werden mit
Sicherheit in einigen Jahren zu den Sprengsätzen in den öffentlichen
Haushalten werden. Manch einer kann ja jetzt schon berechnen, wie
stark die Pensionsverpflichtungen die Länderhaushalte, aber auch beim
Bund und teilweise bei den Gemeinden, belasten werden. Das ist ein
echter Sprengsatz, mit dem sich die Öffentlichkeit, aber auch die
Finanzpolitik viel stärker beschäftigen muss als das bisher der Fall
war. Gerade deshalb ist es auch so
schwierig, das System von heute auf morgen umzustellen. Würde nämlich
das Berufsbeamtentum abgeschafft, fielen sowohl die Pensionszahlungen
für die bisherigen Beamten weiter an - es würden für die neuen
Angestellten aber auch Sozialabgaben fällig. Das wiederum würde die
öffentlichen Haushalte nahezu sprengen. Ein wirkliches Konzept für
eine Zukunft ohne Beamte gibt es von Politikern aller Parteien nicht -
obwohl sich auch schon etliche Kommissionen von Wissenschaftlern und
Fachleuten daran versucht haben. Mehrere Landesregierungen haben
bereits offen konkrete politische Vorstöße für eine Einschränkung
oder gar Abschaffung des Berufsbeamtentums gemacht. So wollte
Schleswig-Holstein die Beamtenrechte schon einmal vergeblich mit einer
Grundgesetz-Änderung einschränken. Nordrhein-Westfalen setzte sogar
eine Kommission ein, die einen grundsätzlichen Verzicht auf Beamte
des bekannten Typs forderte. Bei Neueinstellungen solle weitgehend auf
diese Dienstverhältnisse verzichtet werden - stattdessen soll der
Staat nur noch Angestellte beschäftigen. In hoheitlichen Bereichen
wie Polizei oder Justiz könnten dagegen Beamte neuen Typs geschaffen
werden, die per Vertrag zum Beispiel zur Geheimhaltung verpflichtet
werden. Doch diesen Initiativen werden
wenige Chancen eingeräumt. Deshalb meint der grüne Innenpolitiker
Hans-Christian Ströbele, dass das Berufsbeamtentum höchstens
mittelfristig aufgeweicht werden kann: Ich erinnere
mich noch an die 70er Jahre, als es darum ging, einem Lokomotivführer
oder einem Briefträger, die damals nur als Berufsbeamte vorstellbar
waren, Berufsverbote zu erteilen, weil sie nicht die genügende
Loyalität dem Staat gegenüber mitbringen. Das war damals schon
unsinnig. Und das ist inzwischen so überholt, dass sich heute keiner
mehr darüber aufregt, dass auch ein Angestellter, und nicht mal ein
Angestellter beim Staat, Lokomotive in Deutschland fährt. Das wiederum könne man auf
andere Berufsgruppen innerhalb des öffentlichen Dienstes ohne
weiteres übertragen, meint der Grünen-Politiker. Während Ströbele
leidenschaftlich für einen Verzicht auf Beamte plädiert, setzt sich
die große Mehrheit seiner Kollegen vehement für deren Erhalt ein.
Das mag auch daran liegen, dass in allen Parlamenten die Beamten rund
ein Drittel der Abgeordneten stellen - das ist genau das Drittel, das
nötig ist, um eine Verfassungsänderung zu verhindern. In allen
Parteien finden sich Prominente, die demonstrativ für einen
Fortbestand des Berufsbeamtentums plädieren. Zum Beispiel der
innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hartmut
Koschyk: Es gibt eine
Reihe von Untersuchungen, die deutlich machen, dass Beamte jedenfalls
nicht teurer sind als Angestellte und Arbeiter im öffentlichen
Dienst. Sie arbeiten mehr, wir haben inzwischen einen großen
Unterschied in der wöchentlichen Arbeitszeit. Beamte 40 Stunden und
mehr, Tarifbeschäftigte in der Regel 38 Stunden. Es gibt
Untersuchungen, die deutlich machen, dass die Kosten, die die öffentliche
Hand für Beamte aufzuwenden hat, geringer sind als die, die sie für
in gleicher Höhe zu bezahlende Angestellte und Arbeiter aufzuwenden
hat. Der Bundesrechnungshof hat die
Erhebungen, wie teuer Beamte sind, nachgeprüft und ist zu einem
differenzierteren Ergebnis gekommen. Beamte seien demnach nur dann günstiger,
wenn man das Geld für ihre Pensionen frühzeitig zurücklegt und es
bis zur Auszahlung hoch verzinsen lässt. Die so genannten
Versorgungsrücklagen werden bisher aber nur zögerlich eingeführt,
so dass Beamte dem Staat weiterhin besonders teuer zu stehen kommen. Kein Wunder, dass die Bundesländer
versuchen, einen Ausweg zu finden. Sie fordern mehr eigene
Kompetenzen, der Bund soll sich aus der Gestaltung der Dienstverhältnisse
zurückziehen. Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz warnt davor: Wenn die Länder
wieder für ihre Beamten alleine zuständig sind, oder weitgehend
alleine zuständig sind, wird das sicherlich auch unterschiedliche
Regelungen in Deutschland bedeuten, vielleicht auch eine
unterschiedliche Bezahlung. Die bundesweit einheitliche
Bezahlung der Beamten war bisher aber eines der wichtigsten Merkmale,
das von den Berufsorganisationen wie dem Beamtenbund auch immer
verteidigt wurde. In Zeiten knapper Kassen droht es nun zu bröckeln.
Deshalb haben sich die Gewerkschaften mit Bundesinnenminister Otto
Schily zusammengesetzt und über eine behutsamere Reform ihres
Berufsstandes nachgedacht. Herausgekommen ist ein Papier, das vor
allem höhere Leistungsanreize beim Gehalt vorsieht. Damit rückten die
DGB-Gewerkschaften von ihrem ursprünglichen Ziel ab, ein
einheitliches Dienstrecht für Beamte und Angestellte zu schaffen - de
facto gäbe es damit kein privilegiertes Berufsbeamtentum mehr. Der
Vorsitzende des Beamtenbundes, Peter Heesen, lobte vor der Presse den
gefundenen Kompromiss: Ich glaube,
dass alles das, was wir wollen, nur dann funktioniert, wenn alle
Beteiligten mitmachen. Das war für uns ein ganz wichtiger Aspekt. Und
deshalb haben Minister Schily und ich auch alles daran gesetzt, zu
einem möglichst breiten Konsens zu kommen. Dass Sie heute erleben,
dass die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, der Kollege Frank Bsirske,
dieses Ergebnis gemeinsam vorstellen, ist ein Beleg für die
hervorragende Zusammenarbeit und für das gemeinsame Ziel, die
Entwicklung des öffentlichen Dienstrechts auch künftig gemeinsam zu
schultern. Das Dienstrecht soll also ganz
vorsichtig weiter entwickelt werden, darin sind sich Gewerkschaften
und Bundesregierung einig. Wer dagegen die Frage nach einer
Abschaffung des Berufsbeamtentums stelle, so der Beamtenbund, dürfe
sich nicht wundern, wenn die Staatsdiener bald in größerem Umfang
streiken würden - gerade bei den Sicherheitsorganen sei das - so wörtlich
- ein unkalkulierbares Risiko. Eine Aufgabe der hergebrachten Grundsätze
des Berufsbeamtentums rüttle an den Grundfesten der staatlichen
Ordnung, meint der Interessenverband. Für einen Abschied vom
Beamtentum gebe es auch keine breite Unterstützung, weiß
Bundesinnenminister Otto Schily:
Es müssen ja,
wenn entsprechende Veränderung vorgenommen werden,
Zwei-Drittel-Mehrheiten erreicht werden in beiden
Gesetzgebungskammern. Und ob im Bundesrat angesichts doch der
schwachen Finanzausstattung einiger Länder und die damit verbundenen
Sorge eine Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht werden kann, kann ja jeder
von Ihnen sich selber die Frage stellen und auch selber beantworten. Den großen Wurf bei der
Modernisierung des Staatsdienstes haben die Verantwortlichen auch
diesmal wieder verpasst, meinen Kritiker. Zum Beispiel wäre es an der
Zeit gewesen, einmal den Dschungel der verschiedenen Zulagen für die
Beamten zu lichten. Im deutschen Beamtensystem aber
wird so schnell nichts grundlegend geändert. Die Föderalismus-Kommission
von Bundestag und Bundesrat hat in den vergangenen Wochen lediglich über
die Zuständigkeiten bei Beamtenrecht und Besoldung gerungen. Herausgekommen ist, dass die bundesweite Einheitlichkeit zu Gunsten der Länder teilweise aufgegeben wird. Eine komplette Abschaffung des Beamtentums wurde zwar diskutiert, fand aber letztlich keine Mehrheit. Nach den Plänen der Bundesregierung soll allerdings der höchste Ruhegehaltssatz von bisher 71,75 Prozent bis zum Jahre 2030 auf 66,8 Prozentabgesenkt werden, nachdem bereits angekündigt war, die langfristige Senkung des Rentenniveaus wirkungsgleich auch auf Beamte zu übertragen. Berlin erwartet dadurch Milliarden-Euro-Einsparungen in den Haushaltskassen. |
© Pascal Beucker & Frank Überall. Alle Rechte an Inhalt, Gestaltung, Fotos liegen bei den Autoren. Direkte und indirekte Kopien, sowie die Verwendung von Text und Bild nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung der Autoren. |